Julius Arigi

1895-1915

 

Julius Arigi wurde am 3. Oktober 1895 in Teschen an der Elbe in Böhmen geboren. Sein Vater der Schlossermeister Wenzel Franz Arigi gab schließlich den ererbten Familienbetrieb auf um als Notariatskanzlist eine körperlich weniger fordernden Beruf zu ergreifen. Seine Mutter Auguste kümmerte sich um Julius und achtete darauf, dass er seine Elektrikerlehre, bei der damals in Teschen sehr bekannten Firma F. Leinweber, beendete. Schon früh von den Geschichten um die Gebrüder Wright fasziniert, wollte Arigi unbedingt zur Fliegertruppe der k.u.k. Armee und meldete sich daher am 15. Oktober 1912 freiwillig. Er wurde zum k.u.k. Festungsartillerieregiment Nr. 1 einberufen, da eine Abteilung dieser Einheit, die sogenannte Militär-Aeronautische Anstalt, damals defacto die gesamte Militär-Luftfahrt in Österreich-Ungarn darstellte. Nach der militärischen Grundausbildung kam Julius Arigi zur Luftschiffer-Abteilung nach Fischamend, wo er am ersten Ausbildungslehrgang für Unteroffiziere erfolgreich teilnahm. Die verantwortlichen Stellen hatten nämlich, aufgrund des Kriegsausbruches, eingesehen, dass doch auch Unteroffiziere, zumindest als Piloten, zur Deckung des sprunghaft ansteigenden Bedarfes an Fliegern benötig werden würden. Die militärische Piloten-Ausbildung hing zu diesem frühen Zeitpunkt noch eng mit der zivilen Flieger-Ausbildung zusammen. Nach erfolgreicher Ausbildung zum Feldpiloten, erhielt Korporal Arigi auch das zivile Pilotendiplom des Aeroclubs mit der Nummer 172. Nach Absolvierung der vorgeschriebenen Feindflüge, wurde ihm am 13. März 1915 auch das Feldpilotenabzeichen verliehen.

Zuerst rückte Arigi nach Cattaro zur FliK 6 ein, bei welcher er während der ersten Monate als Aufklärungs- und Artillerieflieger eingesetzt wurde. Bereits im April 1915 erwarb Zugsführer Arigi die Silberne Tapferkeitsmedaille 1. Klasse. Am 1. Oktober 1915 musste er bei einem Feindflug auf montenegrinischem Gebiet notlanden und geriet so in Kriegsgefangenschaft. Nach sechs vergeblichen Fluchtversuchen, gelang es ihm schließlich, zusammen mit einigen Kameraden wie zum Beispiel Vinzenz Magerl, mit einer Luxuslimousine aus dem Fuhrpark des montenegrinischen Königs zu entfliehen. Am 23. Jänner 1916 erreichte er wieder seine alte Einheit, um noch am selben Tag zu einem neuerlichen Feindflug aufzubrechen. Julius Arigi gehörte zu den wenigen Piloten der ersten Stunde, die noch die Möglichkeit hatten, durch lange Aufklärungs- und Transportflüge „richtig“ Fliegen zu lernen. Da die Fliegertruppen des zaristischen Russlands ebenso wenig ernsthafte Gegner stellen konnten wie Rumänien, Serbien oder Montenegro, hatten die ersten Piloten viel Zeit sich an Gerät und außergewöhnliche Wetterbedingungen zu gewöhnen. Vereinfacht ausgedrückt: „Zuerst das Fliegen und dann erst das Kämpfen zu lernen.“ - eine Möglichkeit, die den Piloten der nächsten Jahrgänge nicht mehr geboten werden konnte.

Julius Arigi konnte sich so zu einem der erfolgreichsten Piloten der k.u.k. Luftfahrttruppe entwickeln. In mehr als 150 Feindflügen erfocht er 32 anerkannte Luftsiege, nahm an zahl- und erfolgreichen Tag- und Nachteinsätzen teil und versenkte sogar einen italienischen Dampfer. Trotz seines ungeheuren fliegerischen Talents und seiner Jugend, oder vielleicht gerade deswegen, ist Julius Arigi auch immer am Rande der Insubordination. Mehrfach ignoriert er ganz offen Befehle, doch da er letztlich in der Sache erfolgreich bleibt und mit zunehmender Anzahl der Abschüsse und Auszeichnungen einen gewissen „Prominenten-Status“ erreicht, bleibt er stets ungeschoren. Zum Beispiel startet er gegen den ausdrücklichen Befehl seines Kompaniekommandanten am 22. August 1916 um ca. 7 Uhr früh alleine mit einem zweisitzigen Doppeldecker, um ein angreifendes italienisches Fluggeschwader zu stellen. Bei der Skumbimündung (ca. 30 km südlich Durazzo in Albanien) stieß er auf sechs feindliche Farman-Flugzeuge, die ihn sofort heftig angreifen. Innerhalb von nur dreißig Minuten gelingt es Arigi und seinem Beobachter 2 der Angreifer abzuschießen und 3 weitere mit schweren Schäden zur Notlandung zu zwingen. Diese Luftsiege waren, wie verschiedene Beobachtungsstationen später bestätigten: „derart schnell erfochten, dass die später gestarteten Maschinen der 6. Fliegerkompanie nicht mehr in den Luftkampf einzugreifen brauchten.“ Stabsfeldwebel Arigi erhielt für diese außerordentliche Tat die Goldene Tapferkeitsmedaille zum zweiten Mal (publiziert 26. März 1917) und wurde im September zum Offiziersstellvertreter befördert.

Nachdem er am 18. September 1916 seinen siebenten anerkannten Luftsieg errungen hatte, entschied das Luftfahrttruppen-Kommando ihn schließlich als Jagdflieger ausbilden zu lassen. Offiziersstellvertreter Arigi kam zum Fluggeschwader I (ursprünglich FliK 101) an die Isonzofront, wo er im einsitzigen Brandenburg D.I. gegen einen übermächtigen Feind zu kämpfen hatte. In den Monaten April und Mai 1917 errang er die Luftsiege Nummer 8 bis 13 und war damit einer der erfolgreichsten Unteroffizierspiloten jener Zeit. Er wurde dem Kaiser vorgestellt, einheimische und auch italienische Zeitschriften brachten Artikel über ihn und es wurden ihm Gedichte unterschiedlichster Qualität gewidmet. Schließlich wurde er zur FliK 41J, einer reinen Jagdfliegereinheit versetzt, deren Kommandant Hauptmann Godwin Brumowski der erfolgreichste österreichisch-ungarische Flieger bleiben sollte. Diese beiden Flieger-Asse zu vereinen, war aber schlicht eine schlechte Idee. Von Beginn an flogen zwischen den beiden die Funken, Arigi widersetzte sich Befehlen sooft er konnte und beklagte allgemein sein Leid. Nach einigen Vorfällen, die bei jedem anderen unzweifelhaft vor ein Kriegsgericht mit letalem Urteil geendet hätten, wurde er zur FliK 55J versetzt.

Hier auf dem Flugfeld von Pergine, zusammen mit seinem kongenialen Freund und Fliegerkameraden Offiziersstellvertreter Josef Kiss, entwickelte sich Julius Arigi erneut zum erfolgreichsten Flieger-As. Am 27. Jänner 1918 wurde Offiziersstellvertreter Kiss im Luftkampf schwer am Bauch verwundet. Im Hospital war der zuständige Chirurg gerade in Mittagspause und das Personal wollte „für einen Unteroffizier“ den Herrn Doktor nicht aus seiner privaten Unterkunft holen lassen. Julius Arigi besorgte das, angeblich mit vorgehaltener Pistole, auf seine Art. Er rettete somit das Leben seines Freundes, lieferte aber wieder einmal seinen Neidern und Gegnern Munition gegen ihn. Josef Kiss fiel übrigens am 24. Mai 1918 und wurde, wie schon zuvor Offiziersstellvertreter Franz Rybicki, der ebenfalls dreimal die Goldene Tapferkeitsmedaille errungen hatte, posthum zum Offizier befördert.

Eine Ehre, die Julius Arigi verwehrt blieb, sogar als im Jahre 1917 eine diesbezügliche Eingabe von jedem vorgesetzten Offizier - vom Kompaniekommandanten bis zum Armeekommandanten Erzherzog Joseph - befürwortet worden ist. Obwohl es Arigi nach dem Krieg verstand sich als armes Opfer der k.u.k. Bürokraten darzustellen, war er doch selber durch eine unendliche Reihe von Insubordinationen, Befehlsverweigerungen und verantwortungslosen Handlungen, der beste Beweis dafür, dass ihm der Charakter zum Offizier einfach fehlte. Wer befehlen will muss auch gelernt haben Befehlen zu gehorchen und Verantwortung zu übernehmen, doch dafür war Arigi vielleicht zu jung, zu heißblütig, zu sehr von sich selbst eingenommen.

Nach seinem 23. Luftsieg wurde er, um sein Leben zu schonen, auf einen Posten ins Hinterland versetzt, was natürlich gar nichts mit diesem „Spitals-Zwischenfall“ zu tun hatte. Als Einflieger (Testpilot) in Wien konnte er unter anderem auch die ersten viermotorigen Großflugzeuge testen, doch das war nicht nach seinem Geschmack. Es gelang Offiziersstellvertreter Arigi bis zum Inspekteur der k.u.k. Luftstreitkräfte, Generaloberst Erzherzog Joseph Ferdinand, vorzudringen und diesem sein Leid zu klagen. Inzwischen hatte sich die Lage am Balkan zugespitzt, die südöstliche Front (Bulgarien) drohte zusammenzubrechen, nachdem englische und französische Truppen in Saloniki gelandet waren. Es bestand die Gefahr, dass die Alliierten zur Donau durchbrechen würden. Diesem Umstand war es zu verdanken, dass der Erzherzog nachgab und ein „Zug Arigi“ mit ganzen zwei Jagdflugzeugen (!) aufgestellt und an die albanische Front geschickt wurde. Hier konnte Offiziersstellvertreter Julius Arigi nochmals 9 anerkannte Luftsiege erringen!

Zu Kriegsende war der gerademal 23 Jahre alte Julius Arigi mit 32 anerkannten Luftsiegen der erfolgreichste Unteroffizierspilot der k.u.k. Luftstreitkräfte. Einzig Hauptmann Brumowski konnte mit 35 bestätigten und 8 nicht verifizierten Luftsiegen seinen Rekord übertreffen. Offiziersstellvertreter Julius Arigi war auch der höchst- und meistausgezeichnete Unteroffizier der österreich-ungarischen Armee. Er erhielt insgesamt viermal die Goldene Tapferkeitsmedaille, viermal die Silberne Tapferkeitsmedaille 1. Klasse, zweimal die Silberne Tapferkeitsmedaille 2. Klasse, zweimal die Bronzene Tapferkeitsmedaille, das Karl-Truppen-Kreuz und das Unteroffiziersdienstzeichen für sechs Jahre, sowie das Mobilisierungskreuz 1912/13. An ausländischen Auszeichnungen wurde ihm die preußische Kriegerverdienstmedaille und das bulgarische Tapferkeitskreuz 1. Klasse in Gold verliehen. Letzteres ist die höchste bulgarische Tapferkeitsauszeichnung für Mannschaftspersonen, also das direkte Equivalent zur österreichischen Goldenen Tapferkeitsmedaille. Seine erste Goldene Tapferkeitsmedaille lies sich Arigi übrigens zu einem auffälligen Armband umarbeiten, auf dem links und rechts der Medaille jeweils drei Spangen befestigt waren. Dieses Armband trug er bis zu seinem Tod als Talisman.

In Österreich wurde nach dem Zusammenbruch die sogenannte „Volkswehr“ aufgestellt, bei der so mancher hoch ausgezeichnete Unteroffizier als Leutnant übernommen worden ist. Im Falle Julius Arigi wurde dies durch Julius Deutsch, aus politischen Gründen, verhindert. Nachdem abermals sein Versuch Offizier zu werden gescheiter war, entschied sich Arigi die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft anzunehmen und in seine Heimatstadt Teschen zurückzukehren. Unter größten Mühen gelang es ihm zwei Flugzeuge vor der Zerstörung zu retten und damit in Marienbad eine private Bedarfsfluglinie zu gründen. Er wollte, hauptsächlich zwischen den Nobelbadeorten Marienbad - Karlsbad und Prag, aber auch überall sonst, nach Bedarf Post, Güter oder Passagiere befördert, doch mit dem Chartergeschäft war er seiner Zeit wohl um einige Jahrzehnte voraus. Nebenbei vergeudete er auch viel Zeit und Geld für zahlreiche Auslandsreisen. Da er auch vom ehemaligen Gegnern ob seines hervorragenden Talents und Könnens verehrt wurde, lies er sich gerne auf Veteranenveranstaltungen in der ganzen Welt feiern. In den USA versuchte er verzweifelt Sponsoren zu finden um seine Idee mit dem Flugzeug Werbebotschaften mit Rauch in den Himmel zu schreiben oder Werbebanner nachzuziehen, realisieren zu können.

Julius Arigi war nicht nur mit seinen Ideen seiner Zeit weit voraus, er hatte auch viele Talente. Das Talent mit Geld umzugehen gehörte aber sicherlich nicht dazu. Während er als Verkehrspilot die Linie Prag - Pressburg - Kauschau und zurück flog, beschäftigte er sich mit verschiedenen Erfindungen. So wurde zum Beispiel ein von ihm erfundenes und patentiertes Türschloss für Eisenbahnwagons in großer Stückzahl gefertigt. Nicht nur die tschechoslowakische Staatsbahn, auch viele andere ausländische Bahnen führten es flächendeckend ein. Da Arigi aber nicht auf Jahre und vielleicht auf Jahrzehnte hinaus jährlich kleinere Summen verdienen wollte, sondern dringend aktuelle „Löcher stopfen“ musste, verkaufte er das Patent bereits an den ersten, der ihm eine etwas größere Summe dafür bot.

Julius Arigi hatte am 10. Jänner 1930 in der Dekanalkirche eine Marienbaderin aus angesehener Familie, Fräulein Franziska „Fränzi“ Hammerschmid, geheiratet und war durchaus beliebt. Es geht die Geschichte, dass er stets kleine Münzen oder Zuckerl in den Taschen hatte wenn er durch die Straßen von Marienbad ging und wenn die Straßenkinder „Hoch Arigi“ riefen, warf er diese mit beiden Händen in die Menge. Während der Familie Arigi in weiterer Folge ein Sohn und eine Tochter geboren wurden und diese versuchten loyale tschechoslowakische Staatsbürger zu sein, wurde die Situation für die Deutschsprechende Minderheit immer schlimmer. Im Jahre 1934 wurde sein Unternehmen aus politischen Gründen geschlossen und die kleine Familie entschloss sich endgültig nach Österreich auszuwandern. Im Jahre 1935 wurde Arigi Mitbegründer und Teilhaber der Wiener Neustädter Flugzeugfabrik und auch deren Chefpilot. Außerdem unterstützte er die Flieger-Kameraden Cseri, Koudela, Schmidgruber und Wanke bei der Gründung der „Österreichischen Fliegerschule Neusiedl am See“. Im gleichen Jahr konnte die Familie auch die österreichische Staatsbürgerschaft gewinnen, durch seine Entscheidung von 1919 hatte Arigi jedoch nach den Buchstaben des Zulagen-Gesetzes seinen Anspruch auf jegliche Tapferkeitsmedaillen-Zulage verwirkt. Diese sollte er erst nach dem 2. Weltkrieg nach dem Gesetz von 1958 erhalten.

Noch war Julius Arigi ein gefeierter Kriegsheld. Im Jahre 1933 war er als Ehrenmitglied in den „Flying Aces Club“ mit Sitz in New York aufgenommen worden. Eine Ehre, die nicht nur Amerikaner wie Eddie Rickenbacker zuteil wurde, sondern auch einer handverlesenen Schar europäischer Fliegerasse, wie zum Beispiel Ernst Udet (Deutschland), René Fonck (Frankreich), Willy Coppens (Belgien), Silvio Scaroni (Italien) oder William Bishop (England). Ehrenhalber wurden ihm, im Laufe der frühen 1930er Jahre, auch das ungarische, das deutsche und das bulgarische Militär-Fliegerabzeichen verliehen. Die Verleihung der preußischen Kriegerverdienstmedaille vom 25. Februar 1917 wurde als Argument benutzt, um ihn am 5. Oktober 1934 als Ehrenmitglied in die „Kameradschaft der Inhaber des preußischen Goldenen Militär-Verdienst-Kreuzes“ aufzunehmen. Selbstverständlich erhielt er das Deutsche Frontkämpfer Ehrenkreuz, sowie die Tiroler, die Österreichische, die Bulgarische und die Ungarische Kriegserinnerungsmedaille für 1914-1918.

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs ans Großdeutsche Reich im März 1938 versuchten die NS-Machthaber die Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille, allen voran natürlich Julius Arigi, zu Propagandazwecken zu missbrauchen, was jedoch nicht gelang. Die „Reichsdeutschen“ begriffen einfach nicht, dass jemand aus Österreich-Ungarn, selbst wenn er sich als politisch „deutschnational“ bezeichnete, meist nur kenntlich machte, dass er als Angehöriger der deutschen Sprache in einem nicht-deutschsprachigen Gebiet lebte. Zwischen einem „Deutschen“ aus Böhmen und einem „Deutschen“ im nationalsozialistischen Sinn war ein himmelweiter Unterschied. Arigi wurde zum Chef des NS-Reichskriegerbundes Niederdonau gemacht und selbst hier versagte er - aus Sicht der Nazis - völlig, weil es ihn einfach nicht interessierte bei „alten Kameraden“ Stimmung für das Regime zu machen. Wenn überhaupt, dann wollte er fliegen!

Ebenso wie die NS-Bonzen Arigi falsch einschätzten, lag auch er bei seiner Einschätzung von Hermann Göring falsch. Er dachte, er fährt mal kurz nach Berlin um mit dem ehemaligen Fliegerkameraden ein Wort von Flieger-As zu Flieger-As zu wechseln und schon ist alles gut. Er war den politischen Verhältnissen gegenüber so naiv, dass er dachte Göring wäre noch derselbe wie vielleicht vor 20 Jahren, als er ihm einmal kurz begegnet war. Doch mehrfache Versuche vorgelassen zu werden schlugen fehl. Schließlich sah Göring ein, dass propagandistisch aus Arigi nichts herauszuholen war und veranlasste, ohne ihn persönlich zu empfangen, dass er ab dem 18. August 1939 bei der Deutschen Luftwaffe beschäftigt wurde.

Anlässlich der 25. Wiederkehr des Gedenktages an die Schlacht bei Tannenberg wurden die meisten Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille, ehrenhalber zu Offizieren befördert. Im Falle Arigi geschah dies bereits mit dem ersten Erlass vom 27. August 1939. Nach entsprechenden Umschulungen und Lehrgängen wurde Julius Arigi zum Oberleutnant der Reserve befördert. Entgegen seiner Behauptungen nach dem Kriege er wäre als Fluglehrer berühmter späterer Ritterkreuzträger verwendet worden, war er lediglich in der Verwaltung verschiedener Flughäfen tätig. Er erhielt das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern 2. Klasse und war während des ganzen Krieges als „zum Flugdienst ungeeignet“ eingestuft. Wieder machte Arigi eine Erfindung, die zahlreichen Piloten, die über dem Ärmelkanal abgeschossen worden waren, bei der Notwasserung das Leben rettete. Doch auch von dieser Erfindung, da im Dienst gemacht, hatte er persönlich keinen Nutzen. Sein patentierter Rettungsschwimm-Behelf für Piloten wurde von der Deutschen Luftwaffe einfach verwendet.

Zu Kriegsende wurde Julius Arigi, mittlerweile im Range eines Hauptmannes der Reserve, am 12. April 1944 aus dem aktiven Dienst entlassen. Nach dem Krieg behauptete er, dies wäre aus „politischen Gründen“ geschehen, wofür es aber keinerlei Beweise gibt. Um den Bombenangriffen in Wien zu entgehen, setzte sich die Familie, in die Wohnung nach Marienbad ab, wurde jedoch von dort in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges von den Tschechen mit Gewalt und ohne die Möglichkeit etwas mitzunehmen vertrieben. Wieder in Wien eröffnete Arigi mit zwei Partnern eine Firma um von ihm erfundene Produkte aus Gummi zu vertreiben. In den Jahren 1945, 1946 und 1947 machte er sogar Inserate und andere Einschaltungen in der Lokalpresse, doch schließlich schien die Firma unaufhaltsam in den Konkurs zu schlittern. In den anschließenden Prozesse wurde in Abwesenheit verhandelt, da Arigi „unbekannten Aufenthaltes“ war. Offenbar hatte sich die Familie über die Zonengrenze an der Enns zu den Amerikanern abgesetzt. Letztlich siedelte sich die inzwischen fast mittellos gewordene Familie Arigi in Seewalchen am Attersee an.

Versuche nach dem 2. Weltkrieg wieder als Flieger Fuß zu fassen oder 1955 ins neu aufgestellte Österreichische Bundesheer übernommen zu werden, wurden mit der, nur hinter vorgehaltener Hand geäußerten, Begründung abgelehnt, dass er ja als Chef des Reichskriegerbundes Niederdonau sicherlich auch Nazi-Sympathisant gewesen wäre. Er wurde zwar 1938 in einem Artikel über ein Kameradschaftstreffen in einer Zeitung als „Pg Arigi“ also „Parteigenosse“ bezeichnet, nur konnte bis heute keine Parteimitgliedschaft bewiesen werden. In den militärischen Unterlagen findet sich auch keinerlei Hinweis, obwohl einige Luftwaffen-Formulare u.a. die Parteizugehörigkeit und/oder SS- oder Parteinummer verlangen, sind diese Felder bei Arigi stets leer geblieben.

Als Vertreter für landwirtschaftliche Maschinen fand Arigi sein weiteres Auskommen. Erst ab den späten 1960er Jahren wurde ihm durch einige Einladungen in oberösterreichische Fliegerhorste des Österreichischen Bundesheeres eine späte Anerkennung zuteil. Zahlreiche Personen aus dem Dunstkreis „Heimatvertriebene“ und „Flugzeughistoriker“ umschwärmten ihn. Eine Aufmerksamkeit, die ihm schmeichelte und auch dazu anstachelte haarsträubende Geschichten über sein Leben zu verbreiten – wahrscheinlich lachte er sich heimlich über diese Dummköpfe, die seine Schnurren glauben und verbreiteten, schief.

Zum, nach 1945 wieder gegründeten „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“, hatte er stets ein gespanntes Verhältnis. Offenbar war der Wiedergründer und Präsident Mühlfeit einfach zu monarchistisch für Arigis Geschmack. Erst als der Ring im Laufe der Jahre an natürlichen Mitgliederschwund litt und schließlich mit der „Bundesvereinigung der Tapferkeitsmedaillenbesitzer Österreichs“ verschmolz ergaben sich auch hier freundschaftliche Kontakte. Spät aber doch wurde Julius Arigi am 21. März 1980 besonders geehrt und als Ehrenmitglied von der Bundesvereinigung aufgenommen. Julius Arigi verstarb am 1. August 1981 in Seewalchen, Oberösterreich.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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