Otto Götz

1894-1984

 

Otto Götz wurde am 7. Juni 1894 in Graz geboren. Bei Ausbruch des Krieges meldete er sich unverzüglich zum Dienst an der Waffe. Als Technik-Student zwar ins k.u.k. Feld-Haubitz-Regiment Nr. 6 eingeteilt wurde er dem in Marburg und Görz stationierten k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 47 zugeteilt. Nach seiner Beförderung zum Fähnrich der Reserve wurde Otto Götz in der 9. Feldkompanie im 3. Bataillon des IR 47 im Verbande der Heeresgruppe Erzherzog Eugen in Südtirol gegen die Italiener eingesetzt. Als erste Auszeichnung erwarb sich Fähnrich Götz die Silberne Tapferkeitsmedaille 1. Klasse Anfang April 1916, gefolgt von der Goldenen Tapferkeitsmedaille am 30. Mai 1916 (Mit Allerhöchster Entschließung vom 19. Juli, veröffentlicht am 18. August 1916) und schließlich die Bronzene Tapferkeitsmedaille, die Mitte September 1916 zuerkannt wurde, zu einem Zeitpunkt wo Ing. Otto Götz bereits mit Rang vom 1. Jänner 1916 zum Leutnant der Reserve ernannt worden war. Über die Umstände, die zur Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille führten berichtet die Regimentsgeschichte des IR 47 wie folgt:

Nach 8 Uhr früh des 30. Mai war die knapp südlich des Forts Corbins befindliche 4. Kompanie der 24-er Jäger gegen die Höhe 1184 vorgebrochen. Ihr folgten als Reserve die 9./47 Kompanie. Die benachbarte Jägerkompanie hatte sich dem Vorgehen nicht angeschlossen. Vorgeschickte Jägerpatrouillen, denen sich freiwillig auch Kadett von Cornides mit einigen 47ern zugesellte, hatten bald etliche Italiener, Nachhuten wie es schien, überwältigt und gefangen. Frohgemut über diese Erfolge, vielleicht hiedurch auch etwas unvorsichtig geworden, drangen die Jäger über das stets unübersichtlicher werdende Gelände, in den stark zerklüfteten Wald immer weiter vor.

Eine schluchtartige Senke, die nur einen schmalen Ausgang auf die angrenzende Almwiese hatte, nahm gerade die 9./47 Kompanie als Reservestellung auf als – es mochte gegen 9 Uhr vormittags gewesen sein – der Leutnant und Kommandant der 4. Jägerkompanie mit dem Ruf : ‚Alles gefangen’ vorbeilief. Ohne einen Schuss abzugeben, hatten die Italiener die vorrückenden Jäger umkreist und einen namhaften Teil gefangengenommen! Gleich darauf stürmten die Welschen aus ihrer Stellung, die sich auf der Höhe 1184 hinzog, in mehreren Reihen herab, der 47er Kompanie zu.

‚Neunte auf! Hinaus! 3ter und 4ter Zug links! 1ter und 2ter Zug rechts von mir!’ schrie Fähnrich Otto Götz. Im Nu bezog die Kompanie hinter einer Steinmauer, wie sie sich oft auf Almen vorfinden, Stellung. Da es vor Allem galt, die Jäger zu befreien, eine Feuerabgabe dieselben aber in Mitleidenschaft gezogen hätte, fasste Fähnrich Götz augenblicklich den denkbar kühnsten Entschluss, sich dem viel stärkeren Feind mit der blanken Waffe entgegenzuwerfen.

‚Auf! Mir nach! Hurra!’ rief Götz und wie von tausend Stimmen abgegeben, vervielfältigt durch das Echo der Berge, hallte der Schlachtruf der Steirer dem Feinde entgegen, während sich der Rest der Kompanie noch in der Schlucht entwickelte. 300 Schritt bergauf, getragen von dem eisernen Willen aller, dem Feind die gefangenen Ungarn zu entreißen, ging es, Fähnrich Götz mit erhobenen Stock voran, gefällten Bajonetts den heranstürmenden Grenadieren entgegen!

Diese stutzten erst ob der unerwarteten Verwegenheit, dann liefen einige zurück in ihren Graben, wohin ihnen bald auch alle anderen folgten. Aus der schützenden Deckung schossen sie nun wie besessen auf die Anstürmenden. In weitem Bogen musste der linke Flügel der Kompanie schwenken, der rechte war schon knapp vor dem feindlichen Graben. Man sah Plänkler, während der Atempausen wenige Schritte vor den todbringenden Gewehrläufen stehend, auf den gedeckten Feind schießen. Auch Kadett von Cornides riss den Stutzen an die Wange und feuerte aufrecht einige Magazine ab. Plötzlich aber, die Hände über den Kopf werfend, stürzte er mit dem Ruf: ‚Nur vorwärts, drauf los!’ mit einem Oberschenkelschuss zusammen.

Im nächsten Augenblick war schon die rechte Halbkompanie rachedürstend im Graben. Was sich noch wehrte wurde von den niederkrachenden Kolben der in blinder Wut um sich hauenden und stechenden 47ern niedergemacht. 37 Mann gaben sich sofort gefangen. Die meisten aber flohen, gejagt von den nachpfeifenden Kugeln den Hang hinab, der alsbald mit toten und röchelnden Grenadieren, wohl hundert an der Zahl, bedeckt war. Die Jäger, denen noch sichtlich der überstandene Schrecken in den Gliedern steckte, waren befreit. Sie waren von den 47ern buchstäblich herausgehauen worden. Die Jäger gingen, um sich zu sammeln, gegen Punta Corbin zurück.

Staunenswert war das Verhalten einer mitstürmenden Telefonpatrouille, die während des Sturmes Draht abwickelte und das Bataillonskommando bat, sogleich einen Offizier zu schicken, da der letzte, Fähnrich Otto Götz, infolge seiner Tollkühnheit gewiss auch bald verwundet oder gefallen sein werde!“

Nun war es rasch von Nöten die so überraschende italienische Stellung entsprechend auszubauen und die Toden und Verwundeten zu bergen, alles bevor der Gegner sich sammeln und zurückschlagen konnte. Zusätzlich zum Kadett Josef Cornides Edler von Krembach, der am nächsten Tag seiner Verwundung erlegen war, hatte die 9./47 Kompanie insgesamt 4 Tote sowie 9 Schwer- und 6 Leichtverletzte zu beklagen. Die Gefallenen wurden tags darauf ehrenvoll auf einer kleinen Erhöhung 300 Schritte südlich des Fort Punta Corbin beerdigt. In der Regimentsgeschichte heißt es weiter:

„Mitten in der Samaritertätigkeit setzte ein italienischer Gegenangriff ein. Noch wollten sich die Königsgrenadiere nicht geschlagen geben. Die immer erneuten Versuche der Römer die Höhen zurückzugewinnen konnten schließlich nur mehr mit den erbeuteten italienischen Gewehren und deren Munition abgewehrt werden. Da traf, der Bedrängnis ein Ende bereitend, um die Mittagszeit, von Hauptmann Otto Grigkar geführt, die 10. Kompanie unter Leutnant Hanifle und die M.G.Abtl. III als Verstärkung ein. Nun war es ein Leichtes, zwei weitere Gegenangriffe abzuwehren und in Folge auch noch nach Süden Raum zu gewinnen. Ein gesprengtes 21cm Geschütz und eine 15cm Kanone ohne Verschluss, 60 Gewehre und viel anderes Kriegsmaterial wurde erbeutet. ...

Dem Helden des Tages, Fähnrich Otto Götz, der selbstständig ohne Befehl eingegriffen hatte, dessen hervorleuchtend tapferes Verhalten in erster Linie die bereits in einer sehr kritischen Situation befindliche Angriffsgruppe nächst Punta Corbin rettete, dessen Tat als ein Schulbeispiel für die Wertung der Goldenen Tapferkeitsmedaille bezeichnet werden kann, zierte bald – wie nicht anders zu erwarten – diese höchste Tapferkeitsauszeichnung.

Ing. Otto Götz, der nach dieser Aktion auf Sonderurlaub heim geschickt worden war, erhielt die Medaille, ganz unspektakulär, vom Kommando der HG Eugen einfach mit der Post zugeschickt!

Leutnant d.Res. Otto Götz wurde in weiterer Folge als Ausbildner beim Ersatztruppenkörper verwendet. Als im Februar 1918, durch die Umstrukturierung der Artillerie neue Regimenter aufgestellt wurden, wurde er dem k.u.k. Feldartillerieregiment Nr. 106 zugeteilt, wo er letztlich auch zum Oberleutnant der Reserve befördert wurde.

Nach Kriegsende studierte er weiter, war Hochschulassistent und fand schließlich eine Anstellung als Gewerbeschulprofessor. Mit seiner Gattin Hedwig und den beiden Kindern ließ er sich in Pörtschach am Wörthersee nieder. Möglicherweise konvertierte er aus politischen Gründen von der römisch-katholischen zur evangelischen Kirche.

Im Jahre 1931 wurde er, zusammen mit 9 anderen Trägern der Goldenen, mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch die Stadt Klagenfurt geehrt. Während des sogenannten Ständestaates 1934-1938 hatte er offenbar „politische Probleme“ (?), denn in einem Schreiben an die Hauptleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille vom August 1936 beschwerte er sich wörtlich er sei: „... als ‚Hochverräter’ seit zwei Jahren verfemt und aus meinem Beruf verdrängt.“ schließlich würde er arbeitslos sein und nur als Hilfsarbeiter oder Tagelöhner Anstellung finden können.

Dies schien sich jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg zu bessern, denn das Ehepaar Otto und Hedwig Götz eröffnete einen eigenen Beherbergungsbetrieb „Hotel Sonnengrund“. Hotelier DDr. Ing. Otto Götz ist 90jährig, am 6. November 1984, in Pörtschach am Wörthersee verstorben.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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