Stefan Jäger

1894-1942

 

Stefan Jäger wurde am 26. November 1894 in Kragelsdorf bei St. Andrä im Lavanttal im Bezirk Wolfsberg in Kärnten geboren. Aufgrund seines Alters wurde er 1914 regulär zum Militärdienst beim k.k. Landwehr Infanterie Regiment „Klagenfurt“ Nr. 4 eingezogen. Er diente somit zu Beginn des Krieges bereits aktiv und ging als Gefreiter mit seinem Regiment an die Ostfront ab. Anfänglich etwas vom Pech verfolgt erhielt er am 28. Jänner 1915 einen Steckschuss im linken Fuß und, kaum ausgeheilt wieder an der Front, bereits am 5. Juli 1915 einen Durchschuss der rechten Schulter.

Da Italien, trotz bestehender Bündnisverträge, auf Seiten der Alliierten in den Krieg eintrat, wurde das Klagenfurter Landwehr Infanterie Regiment, später umbenannt in k.k. Gebirgsschützen Regiment Nr. 1, zur Verteidigung der unmittelbaren Heimat an die Kärntnerfront verlegt. Dort hatte Stefan Jäger auch die Gelegenheit sich besonders auszuzeichnen. Als Schwarmkommandant im Verbande der Hochgebirgskompanie Nr. 59 gelang es ihm bei den Kämpfen vom 16. bis 19. Juli 1916 um den  „kleinen Mittagskofel“ im Zuge eines schneidigen Gegenangriffes die Goldene Tapferkeitsmedaille zu erringen. Im, noch vor Kriegsende erschienenen, Ehrenbuch der Gebirgsschützen ist darüber, in schwülstigen Formulierungen, zu lesen:

Der Feind ist uns wohl an Zahl weit überlegen, aber die Umsicht, die Unerschrockenheit, das schnelle Erfassen der Situation und der eiserne Wille zum Siege unserer Helden, das sind sichere Garantien für unseren endgültigen Erfolg. Einer dieser vielen Helden, die uns für den Sieg unserer gerechten Sache bürgen, ist der Korporal Jäger Stefan.

Oben in den steilen Bergen der Kärntnerfront, wo der Soldat auch mit der Natur kämpfen muss, versucht der Welsche in fünffacher Übermacht eine unserer Stellungen, die nur von einem Häuflein verteidigt wird anzugreifen. Als die Lage am kritischsten wird, greift Korporal Jäger mit seinem Schwarm am gefährdetsten Punkte ein, nistet sich in den steilen Wänden unterhalb der Spitze, die bereits in den Händen der Italiener war, ein und rückt im steten zähen Ringen weiter vor.

Aufrecht stehend schießt er einen Haufen Feinde nieder, der Gefahr nicht achtend, leitet er ruhig und selbstbewusst seine kleine Schar und hält stand, bis Verstärkungen kommen. Unsere gehen zum Angriff über; der Feind wird in die Flucht geschlagen und lässt am Kampfplatze reiche Beute zurück. Für diese Heldentat wurde Jäger mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.

Die Verfasser dieses Ehrenbuches irrten in diesem Absatz gleich zweimal, zum einen war Stefan Jäger zu diesem Zeitpunkt erst Gefreiter, er wurde erst aufgrund dieser Waffentat zum Korporal befördert, und zum anderen hat das mit dem garantierten Endsieg auch nicht so ganz funktioniert. Jedenfalls wurde Stefan Jäger am 1. November 1916 die Goldene Tapferkeitsmedaille zuerkannt und als besondere Auszeichnung am 6. November vom Armeeoberkommandanten Feldmarschall Erzherzog Friedrich, der sich gerade auf einer Inspektionsreise durch das Kanaltal befand, in Saifnitz persönlich überreicht.

Bis zu Kriegsende erhielt Stefan Jäger noch das Karl-Truppen-Kreuz und wurde schließlich zum Zugsführer befördert. Wieder in der Heimat heiratete er am 15. Juni 1919 Julie Weinberger, geborene Maier. Die um zwei Jahre ältere Witwe brachte zwei Kinder, Leopold und Emma, mit in die Familie. Zusammen hatte das Paar noch drei weitere Kinder, Stefan (geb. 1920), Herta (geb. 1922) und Herbert (geb. 1923). Die Familie Jäger ließ sich in Reichenfels im Lavanttal nieder, wo Stefan Jäger ein Gasthaus erwerben und betreiben konnte.

Stefan Jäger war grundsätzlich bei allen beliebt, wie man mir in der Marktgemeinde Reichenfels berichtete, gab es einige Zeit lang jährlich sogar sogenannte „Stefan Jäger“ Gedenkrennen! Umso seltsamer ist sein Schreiben an die Hauptleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille vom 27. August 1936, wo er, gefragt nach den Vorteilen, die er möglicherweise durch die Goldene gehabt hätte, antwortet: „…bis 1933 die übliche Zulage, ab 1934 Entzug der Zulage, wegen vierjähriger schwerer Kerkerstrafe.“ Dies ist besonders merkwürdig, da er weder 1936 in Gefängnis saß, noch auf der Liste der Zulagen-Empfänger 1939 fehlt. Leider konnte nichts Genaueres ermittelt werden, weder ob es sich um ein politisches Delikt im Zusammenhang mit den Unruhen im Jahre 1934 oder ein strafrechtliches im Zusammenhang mit seinem Beruf (Stichwort: Wirtshausschlägerei) gehandelt hat. Doch auf die Familie Jäger wartete noch Schlimmeres!

Nach dem Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich wurde Stefan Jäger, dem sogenannten Tannenberg-Erlass folgend, mit 30. Juli 1940 ehrenhalber zum Leutnant in der Deutschen Wehrmacht befördert. Wie seine Söhne, wurde auch er zum Kriegsdienst eingezogen. Sein ältester Sohn Stefan fiel 1941, sein zweiter Sohn Herbert im Jahre 1943. Doch das erlebte Stefan Jäger nicht mehr, denn er selbst fiel am 27. September 1942 bei Chadinsenskaja am östlichen Kriegsschauplatz.

Anmerkung: Doch Stefan Jäger lebt irgendwie weiter. Zum Gedenken an die Männer des LIR 4 bzw. des k.k. Gebirgsschützenregiments Nr. 1 wurde in Klagenfurt ein Denkmal errichtet. Insgesamt dreimal örtlich versetzt, steht es heute im Hülgert-Park nahe dem Neubau des Landesarchives für Kärnten in der St. Ruprechterstraße. Es besteht aus einer Bronzestatue eines Gebirgsschützen in voller Adjustierung auf einem Sockel aus behauenen Bruchsteinen mit einem metallenen Medaillon und drei rechteckigen Tafeln aus Metall. Neben verschiedenen Symbolen und einer Auflistung der Schlachtennamen steht die Widmung für alle Gefallenen des Regiments im Weltkrieg 1914-1918 und dem Kärntner Abwehrkampf 1918-1919. Geschaffen hat dieses Denkmal Josef Kassin und der hat als lebende Vorlage für den „namenlosen“ Gebirgsschützen Stefan Jäger genommen!

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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