Joachim Loitsch

1890-1948

 

Joachim Loitsch wurde am 16. März 1890 in Seiz bei Kammern in der Steiermark geboren. Seine Eltern waren Peter Loitsch und seine Frau Theresia geborene Kerschbaumer. Sein Vater, ein Oberbauarbeiter, erhielt den Posten eines Bahnwärters und so zog die Familie nach Friesach bei St. Veit in Kärnten, wo Joachim Loitsch auch heimatzuständig war und den Beruf eines Zimmerers erlernte. Seinen Wehrdienst leistete er beim k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 7, dem Klagenfurter Hausregiment, ab. Bei der Rekruten-Abschiedsfeier 1913 kam es offenbar zu einigen Handgreiflichkeiten, eine „b‘soffene G‘schicht“, die normalerweise kaum Konsequenzen nach sich ziehen würde, wäre dabei nicht ein Zivilist unglücklich um Leben gekommen. Loitsch wurde verhaftet, aber scheinbar wird der Vorfall als Unfall eingestuft und die Sache verläuft im Sande, denn zum Ausbruch des Krieges geht Korporal Loitsch sofort mit seinem Regiment an die Front ab. Bereits in den ersten Gefechten zeichnet er sich durch besondere Unerschrockenheit aus. Im Dezember 1914, mittlerweile zum Zugsführer ernannt, wird er mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse ausgezeichnet. Bereits im Februar 1915 kann er sich als Kommandant des 1. Zuges der 4. Kompanie die Goldene Tapferkeitsmedaille verdienen. Am 10. August 1936 schreibt er unter anderem an die Schriftleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille über seine Waffentat:

Meine Kompanie – Inf. Rgt. 7, 4. Komp. – erhielt im Februar 1915 den Befehl die russischen Linien zu durchbrechen und zu verhindern, das die Russen die Brücke bei Stanislau erhielten. Ich war Zugskommandant des 1. Zuges und es gelang die russischen Linien zu durchbrechen die 6 Kilometer hinter den russischen Linien zu durchqueren und die Brücke im Sturm zu nehmen und solange zu halten bis Inft. Rgt. 7 nachrückte. Beute 1.600 Mann und 2 Maschinengewehre.

Wir wurden dann abgezogen und zum Vormarsch gegen Perechinsko-Spas eingesetzt. Es gelang uns bis Spas vorzudringen und viele Gefangene zu machen, als plötzlich unsere rechte Flügeltruppe Inft. Rgt. 17 zurückgedrängt wurde. Auch wir erhielten den Befehl zurückzugehen. Ich bekam den Befehl mit meinen Zug den Rückzug zu decken und es gelang mit mit meinen Leuten den Russen immer wieder zur Entwicklung zu zwingen, um ihn so 4 Tage am Vormarsch zu hindern.

Ich wurde dafür von meinem Hauptmann Josef Fröhlich zur goldenen Medaille eingegeben und wurde von unserem Thronfolger Erzherzog Karl, späterer Kaiser und König, im Mai 1915 persönlich dekoriert.

Unmittelbar danach wurde Joachim Loitsch zum titular Feldwebel befördert. Die Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille erfolgte tatsächlich am 12.4.1915 und wurde am 22.5.1915 im Verordnungsblatt publiziert. Eine Überreichung durch den Thronfolger persönlich galt als zusätzlich besonders hohe Ehrung. Die Klagenfurter Lokalpresse berichtete (erst) am 2. November 1915 über den schneidigen Unteroffizier wie folgt:

Zugsführer Joachim Loitsch des Infanterieregimentes Nr. 7 leistete in zahlreichen Gefechten als Zugskommandant geradezu Vorbildliches. Seiner überlegenen Umsicht und blitzartigen Entschlossenheit verdankt er seine Erfolge, die ihm bald den Ruf eines Musterführers einbrachten. Er ist der Stolz seines Bataillons und erhielt für seine schneidigen Leistungen die Große Silberne und die Goldene Tapferkeitsmedaille. Im Gefecht bei Jodlawa deckte er mit seinem Zuge den Rückzug der Kompanie, der mit geringen Verlusten durchgeführt werden konnte. In einem späteren Gefechte wird er als Reserve gegen einen russischen Sturmangriff angesetzt, mit dem Befehle, in einer Umgehung den Stürmenden in die Flanke zu fallen. Es gelingt. Ganz nahe an die feindlichen Linien führt er seinen Zug heran und eröffnet auf kurze Distanz ein verheerendes Schnellfeuer, dem Feinde namhafte Verluste beibringend. In den Stellungen bei Gorlice wurden die Unseren in seinem Nachbarabschnitt stark bedrängt. Loitsch hält im schärfsten Feuer aus und verhindert durch seine Ruhe und Kaltblütigkeit eine rückgängige Bewegung. Als Zugskommandant bei einem selbständigen Nachrichtendetachement griff er, eine die Ortschaft Strymbe verteidigende Kosakenabteilung, überraschend von der Flanke an und machte viele Gefangene. Durch energisches, rasches Vorgehen bewahrte er eine Brücke nördlich Radworna vor Zerstörung. Eine Woche nachher sehen wir Loitsch als Flankendeckung selbständig den Nordrand von Perechinsko angreifen, den überlegenen Feind verjagen. Wieder konnte er mehrere hundert Gefangene einbringen. Die Goldene Tapferkeitsmedaille ziert nun die Brust dieses tüchtigen Mannes.

Am 21. Juli 1915 heiratete Feldwebel Joachim Loitsch Fräulein Eleonore Platzer (18.2.1893 - 9.10.1943) in der Pfarrkirche St. Peter in Graz. 1916 wird den beiden eine Tochter geboren, das erste von insgesamt 5 Kindern. Doch noch ist der Krieg nicht vorbei. Joachim wurde insgesamt zweimal verwundet, einmal durch einen Schuss in die Brust und einmal durch einen Bajonettstich in die rechte Hand. Durch den Erlass Kaiser Karls, nachdem Besitzer der Goldenen Tapferkeitsmedaille möglichst in der Ausbildung zu verwenden wären um ihr Leben zu erhalten, wird auch Feldwebel Loitsch beim Ersatztruppenkörper verwendet. Für seine vorbildlichen Leistungen, auch in diesem Bereich, wird er mit dem Eisernen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet. Der weiteren erhält er das Karl-Truppen-Kreuz und die Verwundetenmedaille mit zwei Bandstreifen. Offenbar dürfte er auch eine Ausbildung als Fernmeldeunteroffizier gemacht haben.

Nach Ende des Weltkrieges lässt sich die junge Familie in Raaba bei Graz nieder und Loitsch erhält einen Posten als Tischler bei der Grazer Waggon- und Maschinenfabrik. Ab 1924 ist er sozialdemokratischer Gemeinderat in Raaba, wo es 1926 zu einem, möglicherweise politisch motivierten Zwischenfall kommt. Ein Radfahrer wird in der Nacht von 3 Männern überfallen, die ihn verprügeln und sein Fahrrad unbrauchbar machen. Das Opfer gibt bei der Polizei an die Männer erkannt zu haben, einer davon wäre der Gemeinderat von Raaba Joachim Loitsch gewesen. Leider konnte ich außer dieser Pressemeldung keine Informationen zu diesem Vorfall, besonders über den weiteren Lauf der Dinge finden.

Nach über 10 Jahren Betriebszugehörigkeit wird Loitsch 1929 wegen der schlechten Wirtschaftslage abgebaut. Als Familienvater mit 5 minderjährigen Kindern beginnt nun eine sehr harte Zeit als Tagelöhner. Die Familie übersiedelt nach Eggenberg bei Graz. Laut seinen Angaben findet er gelegentlich Arbeit als Tischler, Zimmerer sowie als Post- und Telegrafenarbeiter, weiters erhält er, neben der jährlichen Zulage für seine Tapferkeitsmedaillen, eine einmalige Unterstützung des Vereins Alt Österreich in der Höhe von 150,- Schilling.

Nach dem Einmarsch Deutscher Truppen in Österreich wird Joachim Loitsch nicht, wie viele andere Besitzer der Goldenen Tapferkeitsmedaille, wahrscheinlich aufgrund seiner offenen sozialdemokratischen Einstellung nicht ehrenhalber zum Leutnant a.D. in der Deutschen Wehrmacht befördert. Trotzdem gelingt es ihm eine Anstellung als Briefzusteller bei der Post in Graz zu bekommen. Hier ereignete sich im März 1942 ein Vorfall, der wieder zeigt, das wahres Heldentum nicht eine einzelne tollkühne Tat in Kriegszeiten ist, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, ein Charakterzug, der unabhängig von den äußeren Umständen vorhanden ist. Das Kleine Volksblatt berichtete am Dienstag den 31. März 1942 Folgendes:

Lebensretter im Postkleid – In Graz stürzte gestern eine Frau in die Mur, wurde von der Strömung erfaßt und gegen einen Stein getrieben, wo sie sich anklammern konnte. Unter den Menschen, die auf ihre Hilferufe herbeieilten, befand sich auch der Postzusteller Joachim Loitsch, der sich gerade auf einem Dienstgang befand. In voller Kleidung sprang er in das reißende Wasser und brachte die Frau ans Ufer. Während sich der Rettungsdienst um die Verunglückte bemühte, nahm Loitsch seine Poststücke wieder auf und setzte trotz seiner durchnäßten Kleider den Dienstgang fort. Loitsch ist gebürtiger Kärntner, Weltkriegsteilnehmer und war zuletzt Stabsfeldwebel. Er ist Besitzer aller drei Tapferkeitsmedaillen.

Über die Beförderung zum Stabsfeldwebel und um welche dritte Tapferkeitsmedaille (Silberne 2. Klasse oder Bronzene) es sich handeln sollte, konnten keine Unterlagen gefunden werden. Loitsch selber gab auf dem Mitgliedsantrag im Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille seinen Rang zum Zeitpunkt der Waffentat mit „titular Feldwebel“ und zum Kriegsende mit „wirklicher Feldwebel“ an. Wie auch immer, nach dem Tod seiner Frau Eleonore am 9. Oktober 1943 heiratete er nochmals am 19.8.1944 standesamtlich. Joachim Loitsch verstarb am 17. April 1948 in Graz im Alter von nur 58 Jahren!

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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