Josef Millonigg

1884-1962

 

Josef Millonigg wurde am 15. Februar 1884 als lediges Kind der Anna Mörtl in Vorderberg, Bezirk Hermagor in Kärnten geboren. Nach der Hochzeit mit dem leiblichen Vater Bartholomäus Millonigg am 18. Mai 1885, zog die Familie nach Galauz ins sogenannte Mörtlitschhaus, in dem auch seine Brüder Andreas, Bartholomäus, Ignaz und Johann geboren wurden. Nach der Volksschule trat Josef Millonigg in die Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt ein, wo er 1903 maturierte. Seine erste Anstellung als Lehrer führte in nach Saifnitz, das heutige Camporosso im Kanaltal.

Danach übernahm er die Schule in Leifling bei Lavamünd im heutigen Slowenien, wo es ihm aber nicht besonders gefiel, weshalb er um Versetzung bat und ab 1908 die Leitung der Schule in Wolfsbach übernahm. Hier war der König von Sachsen, Friedrich August III., Jagdpächter und so lernte Josef Millonigg über dessen Aufsichtsjäger Egidius Keil den leutseligen Monarchen bei mehreren Gelegenheiten kennen. Wichtiger jedoch als der sächsische König war ihm des Aufsichtsjägers Tochter Franziska Keil. Trotz starken Widerstandes seiner Mutter heiratete er Franziska Keil am 6. Februar 1910 und schon bald waren den jungen Eheleuten zwei Söhne geboren, Rudolf 1911 und Josef 1913.

Josef Millonigg war bereits seit dem Jahre 1905 zum k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 7 nach Klagenfurt assentiert, sein Wehrdienst aber aufgrund seiner Stellung immer wieder aufgeschoben worden, sodass er am 26. Juli 1914 als Infanterist der Ersatzreserve eingezogen wurde. Bei Grodek an der russischen Front erhielt er seine Feuertaufe. Nachdem er sich die Cholera zugezogen hatte wurde er in verschiedenen administrativen Stellungen beim Kader verwendet. Seine noch in der Familie erhalten gebliebene „Kriegschronik“ verzeichnet dann weiter:

Im Mai 1915 kam er als Bergführer und Patrouillenkommandant in die Seisera, beteiligte sich an den Angriffen am Mittagskofel, Kuglitsch, Kleiner Mittagskofel, an der Offensive am Dognasattel, am Oktober-Vormarsch 1917 über Resiuta, Tramonte, Monte Feste bis Feltre, an der Erstürmung des Monte Afalone und an den Kämpfen am Monte Pertica.

Josef Millonigg, der bereits den Rang eines Ersatzreserve Korporals titular Zugsführer inne hatte, war bis zu diesem Zeitpunkt bereits zweimal mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse, der Silbernen Tapferkeitsmedaille 2. Klasse und zweimal mit der Bronzenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, sowie insgesamt zweimal verwundet worden, einmal durch einen Granatsplitter am rechten Oberarm und einmal durch einen Bajonettstich unterhalb des linken Auges. Auf Wunsch seiner Vorgesetzten absolvierte er einen Kurs für Landsturm-Reserveoffiziers-Anwärter und wurde als Fähnrich der Reserve dem Landsturm-Infanterie Bataillon Nr. 41 zugeteilt. In seiner „Kriegschronik“ heißt es weiter:

In die Ukraine zur Unterdrückung des bewaffneten Widerstandes der Bolschewiki kommandiert, ging er im Juni 1918 nach Duschnia in Albanien ab. Kämpfte in der Gegenoffensive im Raume Strumi, schlug den italienischen Kavallerie-Angriff ab und nahm an der II. Ovensive gegen Sinia unter dem Berg Spiragli, Höhe Kote 615 teil. Auf Nachrichten-Patrouille nach Sinia erwarb er sich nach dreistündigem Kampfe durch Gefangennahme von 186 Mann und Erbeutung von zwei Maschinengewehren, Munition und Proviant die Goldene Tapferkeitsmedaille. Sodann als Rückzugsdeckung bis Cattaro, kehrte er von dort über Risano-Fiume-Laibach am 16. Dezember 1918 endgültig in seine Heimat zurück.

Josef Millonigg erwarb also in den Kämpfen vom 24. bis 26. August 1918 in Albanien die Goldene Tapferkeitsmedaille. Diese wurde ihm mit Befehl der Armeegruppe Albanien am 2. Oktober 1918 zuerkannt und in der Stellung bei Podgorica in Montenegro am 29. Oktober 1918 durch den Bataillonskommandanten Hauptmann Kotzurek überreicht. Außerdem wurde er außertourlich zum Leutnant der Reserve per 1. August 1918 befördert. Für sein vorbildliches Verhalten beim geordneten Rückzug wurde Leutnant der Reserve Millonigg noch im Dezember 1918 mit der Bronzenen Militär-Verdienstmedaille (Signum Laudis) am Bande für Kriegsverdienste mit Schwertern ausgezeichnet. Auf Ersuchen der Hauptleitung des „Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ verfasste Josef Millonigg im Sommer 1936 folgenden Bericht über die Waffentat, die zur Verleihung der Goldenen Tapferkeitsmedaille führte:

Bei der Augustoffensive 1918 in Albanien wurde das Ldst-Inf.Baon 41, bei dem ich zugeteilt war, mit dem Sturmbaon 45 zu einer Gruppe vereinigt und sollte die feindliche Stellung unter dem Berge Spiragri nehmen.

Am 23. August erhielt ich vom Kommandanten dieser Gruppe den Befehl, festzustellen wie stark der Feind die Stellung besetzt hielt. Mit einer stärkeren Patrouille brach ich auf, griff mit Handgranaten an und vertrieb den Feind aus drei Feldwachstellungen. Der Feind zog sich auf die Hauptstellung zurück und eröffnete ein sehr starkes Feuer, welches von meiner Patrouille mit sichtlichem Erfolg erwidert wurde. Vorstöße aus der Hauptstellung wurden abgewiesen und die gewonnenen Feldwachstellungen solange gehalten, bis der Hauptangriff durch die Gruppe erfolgte. Der Angriff, welcher durch die Vorbereitung meiner Patrouille ohne besondere Verluste durchgeführt wurde, endete mit dem Rückzuge des Feindes und mit der Eroberung der Hauptstellung. Nach Besetzung und Einnahme der Hauptstellung erhielt ich den Befehl, den weichenden Feind zu verfolgen und bis Sinja vorzustoßen.

Mit 16 Mann brach ich sogleich auf und führte den Befehl nicht nur aus, sondern griff auch das unter dem Berge Spiragri gelegene und vom Feinde noch besetzte Sinja an, vertrieb nach einem dreistündigen Gefechte den Feind aus dem Orte und machte noch 186 Gefangene, erbeutete zwei Maschinengewehre, über 300 Gewehre, eine große Menge Munition, Proviant usw.. Dieses Gefecht stellte an mich und die Patrouille sehr große Anforderungen, fortwährend musste man Manöver ausführen, die den Feind über unsere Stärke täuschen sollten. Von verschiedenen Stellen aus wurde immer wieder das Feuer eröffnet, bis der Feind den Ort räumte und den Rückzug antrat. Einem Teil wurde der Rückzug durch das enge Tal abgeschnitten und es gelang daher so viele Gefangene zu machen.

Fast drei Stunden war ich mit der Patrouille und den Gefangenen allein im Orte und hatte nicht nur die Gefangenen zu bewachen, sondern auch den Ort zu sichern, falls es dem Feinde einfallen sollte, die Gefangenen zu befreien. Erst dann rückten die anderen Truppen nach. Als erstes rückte das albanische Gendarmeriebataillon nach, dem ich die Gefangenen und das Kriegsmaterial übergab. Unsere Gruppe selbst, kam nicht nach Sinja, sondern bezog Stellung auf dem Spiragri.

Erst am nächsten Tag rückte ich mit der Patrouille, von der drei Mann leicht verwundet wurden, bei meiner Gruppe wieder ein. Der Kommandant der Gruppe sagte mir in Gegenwart des Bataillonskommandanten Hauptmann Kotzurek und des Oberleutnants Lehnert folgendes: ‚Fähnrich, sie haben in diesen drei Tagen Schweres vollbracht und ich glaubte sie schon verloren, sie haben sich mit ihren Leuten brav und tapfer gehalten, daher habe ich sie zur Goldenen vorgeschlagen.’ Bemerken möchte ich noch, dass der Ort Sinja eine Schlüsselstellung zwischen Fiery und Perat darstellte und die Einnahme dieses Ortes gewiss einen schönen Erfolg bedeutete. Drei Tage und drei Nächte war meine Patrouille unterwegs und im Gefechte, ohne Rast und Ruhe hielten wir aus, bis uns der völlige Erfolg beschieden war.

Soweit Milloniggs persönliche Schilderung der Tat. Doch wenn auch der Krieg vorbei war, das Kämpfen war es noch nicht. In Milloniggs-Kriegschronik heißt es abschließend:

In den Kärntner Abwehr-Kämpfen beteiligte er sich am Sturm auf das Schulhaus Arnoldstein (100 Gefangene, Erbeutung der Bataillonskasse und anderem Material) und an der Einnahme der Gendarmerie-Kaserne in Fürnitz.

Während der Kämpfe um den Verbleib Kärntens bei Österreich gingen Josef Millonigg zwar seine Tapferkeitsmedaillen, wie er schreibt, verloren, er erwarb sich aber das Kärntner Kreuz für Tapferkeit 2. und 1. Klasse.

Nach dem Ersten Weltkrieg lebte Josef Millonigg als Oberlehrer und Direktor der Volksschule in Vorderberg mit seiner Familie, die am 16. Februar 1920 durch die Geburt seines jüngsten Sohnes Wilhelm und am 17. Juli 1921 seiner Tochter Anni noch vergrößert wurde. Er gründete 1921 die Sängerrunde MGV „Starhand“, die heute noch existiert, und war von 1923 bis 1953 Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr von Vorderberg, 18 Jahre lang sogar zusätzlich stellvertretender Bezirksfeuerwehrkommandant von Hermagor. In seiner Funktion als Schuldirektor wurde er 1936 mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Bundesstaates Österreich ausgezeichnet.

Ein amüsanter, vielleicht gefährlicher, jedenfalls merkwürdiger Vorfall begab sich Ende der 1920er Jahre mit dem damals gerade frischgebackenen Major des österreichischen Bundesheeres, dem späteren General der Gebirgsjäger, Julius Ringel. Die beiden Kärntner kannten sich schon von verschiedenen Kameradschaftstreffen als folgendes Ereignis, wahrscheinlich im Jahre 1928, stattfand. Die Familie Millonigg hatte auf der Dolinzaalm die sogenannte Faschinjakhütte, gegenüber dem Gasthof Starhand zur Sommerfrische gemietet, während Major Ringel ebenfalls zur Erholung auf der Dolinza weilte. Eines Tages am frühen Nachmittag überschritt eine Gruppe italienischer Soldaten, die auf Grenzpatrouille waren und daher natürlich voll bewaffnet, die Grenze um im Gasthaus dem kühlen österreichische Bier zu zu sprechen.

Sowohl Ringel als auch Millonigg waren auf die Italiener nicht gut zu sprechen, Josef Millonigg hatte den Verlust „seines“ Kanaltales nicht verwunden und überhaupt der „Verrat von 1915“ saß tief. Es lässt sich nicht mehr nachvollziehen woher die beiden Kärntner Offiziere von den Grenzsoldaten wussten, vielleicht auch aus eigener Beobachtung, egal, sie waren sich sofort einig, diese „welsche Provokation“ durfte nicht ungestraft bleiben. Blitzartig drangen sie in die Gaststube ein und stellten sich, ehe die Soldaten begriffen, was da eigentlich lief, zwischen diese und deren als Pyramide abgestellten Gewehren. Die Italiener, obwohl in der Überzahl, getrauten sich nicht gegen die beiden stämmigen Kärntner mit Gewalt vorzugehen.

Major Ringel eröffnete ihnen, sie bekämen die Gewehre wieder, wenn sie kniend darum flehten, was sie nach einigem Zögern dann auch alle taten. Danach schärfte er ihnen ein, nie wieder bewaffnet österreichisches Gebiet zu betreten. Ohne Gewehre wären sie immer als Gäste willkommen, aber mit, würde das nächste Mal schlimmere Konsequenzen haben. Was wäre wohl passiert, wenn die Italiener weniger schuldbewusst reagiert hätten?

Den nächsten fremden Truppen, die mit Waffen die österreichische Grenze überschritten, konnten die beiden nicht mehr so leicht Paroli bieten, denn es war die Deutsche Wehrmacht anlässlich des sogenannten Anschlusses Österreichs an das Großdeutsche Reich im März 1938.

Zu Kriegsbeginn wurde Josef Millonigg zur Umschulung nach Spittal an der Drau kommandiert. Am 1. September 1940 wurde er zum Oberleutnant der Reserve befördert und der Salzburger Streifenkompanie 18, die dem Wehrkreiskommando unterstand, zugeteilt um auf der Bahn zwischen Salzburg, Laibach und Udine Streife zu fahren. Hier begegneten ihm oft Freunde und Kameraden und manchmal soll er den einen oder anderen vor der Festnahme gerettet haben. Konkret soll er einen als fahnenflüchtig gesuchten Vorderberger gerettet haben, ebenso einen ehemaligen Kriegskameraden, der wegen illegaler Waffenlieferungen an die Partisanen in Jugoslawien zur Fahndung ausgeschrieben war.

Am 1. Mai 1942 wurde er zum Hauptmann der Reserve befördert und am 30. Jänner 1944 mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse mit Schwertern ausgezeichnet. Nach dem Krieg konnte er sofort abrüsten und wurde in seine Heimatgemeinde entlassen.

Zwischen Mai und September 1945 war dort eine kleine englische Einheit einquartiert, die sich nicht besonders um das Inventar oder das Eigentum der Bewohner kümmerten. In manchen krassen Fällen von „Requirierung“ konnte Josef Millonigg vermittelnd eingreifen. Als Gemeindesekretär stattete er 1945 auch zwei Kriegskameraden seiner Söhne und einige Flüchtlinge aus Tito-Jugoslawien ohne viel Aufheben mit Identitätsausweisen aus. Wie er sich überhaupt immer für die Gemeinschaft einsetzte. Sein Vater Bartholomäus war zwischen 1894 und 1903 und dann noch zwischen 1911 und 1920 Bürgermeister gewesen und so lag es nahe auch ihm dieses Amt anzubieten. Josef Millonigg wurde also im Jahre 1950 zum Bürgermeister von Vorderberg gewählt und bei den Wahlen 1954 bzw. 1958 in diesem Amt bestätigt.

Zum Jahreswechsel 1959/1960 begann er sich schlecht zu fühlen und nach einiger Zeit wurde Ende 1961 schließlich Krebs diagnostiziert. Etwa einem Monat vor seinem Tod bat er seinen jüngsten Sohn Wilhelm ihn noch einmal nach Vorderberg zu bringen, wo sie zusammen eine ganz langsame Dorfrunde, praktisch zum letzten Abschied, gingen. Am Freitag den 24. August 1962 gegen 14 Uhr verstarb Josef Millonigg daheim in den Armen seines jüngsten Sohnes.

Sein Begräbnis am Sonntag den 26. August 1962 war mit über 2000 Teilnehmern eine der größten Veranstaltungen, die Vorderberg jemals gesehen hatte. Vom Landrat bis zu den Bürgermeistern der umliegenden Gemeinden ließ es sich niemand nehmen dabei zu sein. Abordnungen der Kameradschaftsbünde, der Kärntner Abwehrkämpfer, des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille und des Bundes der Tapferkeitsmedaillenbesitzer, der Khevenhüllerbund, Abordnungen der verschiedenen Freiwilligen Feuerwehren, der Sängerbünde und des Österreichischen Lehrerbundes sowie eine Abordnung mit einem Bläserquartett des Österreichischen Bundesheeres unter dem Kommando von Hauptmann Schleßinger gaben ihm die letzte Ehre.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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