Karl Obermüller

1881-1944

 

Karl Obermüller wurde am 23. Jänner 1881 in Mörschwang, Bezirk Ried im Innkreis in Oberösterreich geboren. Er war gelernter Elektriker und wurde als Gefreiter der Reserve 1916 zu seinem Stammregiment, dem k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 59 einberufen. Hier fand er in der 4. Kompanie des 10. Bataillons Verwendung, wo er bald mit der Bronzenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet wurde und zum titular Korporal befördert worden ist.

Seit 19. August 1916 lag er mit seiner Einheit am Monte Civeron bei Borgo im Valsugana in Stellung. Am 17. September 1917 wurde Karl Obermüller, zusammen mit 60 Mann unter dem Kommando des Leutnants Wagner, als Reserve auf Malga Civaron kommandiert. Nach zwei Uhr erhielt sein Zug den Befehl, so schnell als möglich nach Borgo zu marschieren und dieses zu verteidigen, ja unbedingt zu halten. Dieses wichtige Gefecht wird in der Regimentsgeschichte ausführlich beschrieben und auch Korporal Obermüller namentlich genannt. Da dies Interessierte dort nachlesen können, hier der von Karl Obermüller persönlich verfasste Bericht, den er auf Ersuchen der Hauptleitung des Vereins „Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille“ im August 1936 über seine Waffentat verfasst hat:

Vom 17. auf 18. September 1917 brachte der Italiener, geführt von Verrätern und begünstigt durch glückliche Zufälle im Suganotale unsere Masobachstellung und damit Carcano in seinen Besitz, um mit starken Kräften gegen Borgo vorzustoßen.

Mitten in der Nacht hatten wir Alarm und um ½ 3 Uhr früh war Leutnant Wagner mit uns 60 Mann auf dem Weg von Civeron hinunter nach Borgo. Außerhalb Borgo wurden zwei Patrouillen ausgesandt und wir gingen in Schwarmlinie Richtung Telfs vor. Wir kamen zu Stellung unserer 18 cm Haubitzen, welche noch heftig feuerten. Einige Artilleristen hatten vor den Geschützen Schwarmlinie gemacht, da vorne alles abgefangen war und nur wenige versprengte Männer unserer Truppen in den Weingärten herumlagen, ohne Kommando, nicht mehr kampffähig. Vor uns war nichts als unsere Patrouillen, doch von denen kam keine Meldung und wir konnten jeden Moment auf den Feind stoßen.

Leutnant Wagner sandte nochmals zwei Patrouillen weg, das verringerte unseren Stand aber auf 30 Mann, wir konnten jedoch einige versprengte Bosniaken aufsammeln. Vor Carzano legte uns der Italiener ein mörderisches Sperrfeuer und wir mussten durch dieses im Laufschritt hindurch und auch durch Carzano selbst um zu unseren Stellungen zu gelangen.

Wir konnten noch beiläufig 50 Mann vom Infanterie Regiment Nr. 51 sowie ca. 30 Mann von deren Sturmzug als Hilfe aufsammeln. Wir waren jetzt ungefähr 110 Mann, der Feind hatte in und um den Ort zirka 3 Bataillone. Es war ½ 6 Uhr früh. Zwei Stunden später kam der Befehl von Major Lakon den Ort zu nehmen.

Gleich bei den ersten Häusern empfing uns ein wütendes Feuer, wo Leutnant Wagner einen Streifschuss am Kopf erhielt und zurück musste, Fähnrich der Reserve Peer übernahm das Kommando und ich den 2. Zug. Wir hatten glücklich 3 abseits stehende Häuser besetzt, wo wir uns zum ungleichen Kampf vorbereiteten. Von den herumliegenden toten Bosniaken versorgten wir uns mit Handgranaten und Munition, dann ging der Sturm los. Auf der Straße konnten wir nicht vor, da weiter unten an der Straßengabel zwei leichte italienische Maschinengewehre, rückseits der Häuser ebenfalls ein Maschinengewehr aufgestellt war. Also drauf auf die erste Ruine von der Seite!

Ich hatte Glück mit meinen Leuten, das erste Haus hatten wir erobert. Nun ging es weiter durch Mauerlöcher, durch Türen, über Schutt und Steine, erst Handgranate hinein, dann vor bis zum letzten Eckhaus, wo die Maschinengewehre standen. Zwei Infanteristen, Weissenbacher und Schreder, versorgten mich fleißig mit Handgranaten, die übrigen räumten mit den noch lebenden Italienern auf, welche noch in den überrannten Räumen waren. Die zwei M.G. wurden mit einigen Handgranaten durch die Fenster erledigt, was nicht liegen blieb, floh.

Schnell auf die Straße und herein mit den Maschinengewehren! Nun wieder vorwärts, hier ein Keller voll von Italienern, heraus damit! Resultat: Über 60 Gefangene auf einen Schlag und 2 M.G.! Ich schickte diese Gefangenen mit einigen Mann Bedeckung zu unseren Linien zurück. Dann geht der Kampf weiter hinunter zur Kirche, wo uns eine Barrikade den Weg versperrt. Handgranaten hinüber, die Barrikade nieder und los geht der Kampf um die Kirche!

Von der Seite kam jetzt auch noch der Sturmzug der 51er dazu und damit kam auch das Ende. Was sich nicht ergab wurde niedergemacht. In der Kirche hatte der Italiener bereits gefangene Österreicher, die wir auch befreien konnten. Um 10 Uhr waren wir Herren des Ortes. Resultat: Über 500 Soldaten und 11 italienische Offiziere gefangen, 3 erbeutete Maschinengewehre – davon 2 von mir - über 350 tote Italiener wurden auf dem Friedhof von Carcano begraben und zwei Nächte lang wurden die Verwundeten abgefahren!

Als der Italiener diesen Verlust sah, trommelten seine Geschütze, aller Kaliber, den ganzen Tag auf diese Linie, bis endlich am Abend Ruhe eintrat. Ich hatte nur noch 15 kampffähige Männer, der Rest war tot oder musste wegen Verwundung zurück. Wir mussten die Stellung des aufgeriebenen Bataillons des bosnisch-herzegowinischen Infanterie Regiments Nr. 4 am Marsobach besetzen und wurden am 19. September in der Nacht von 2 Kompanien Tiroler Kaiserjäger abgelöst.

Für diese Tat wurde ich am 13. Oktober 1917 durch Feldmarschall Conrad von Hötzendorf in Rozegno Sugano mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille dekoriert und am 21. Oktober Seiner Majestät Kaiser Karl in Vigolo Lataro vorgestellt.“

Außerdem wurde Karl Obermüller Anfang 1918 noch zum Zugsführer befördert. Nach Kriegsende kehrte er heim zu seiner Familie und lies sich in Braunau am Inn (Oberösterreich) nieder, wo er weiterhin in seinem Zivilberuf als Elektriker tätig war. Ab 15. März 1925 war auch er von der Wirtschaftskrise betroffen und konnte keine Arbeit mehr finden.

In bitterster Armut erlebte er den Anschluss Österreichs an das Großdeutsche Reich im März 1938. Wie die meisten anderen Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille wurde auch Karl Obermüller, dem sogenannten Tannenberg-Erlass folgend, ehrenhalber am 12. Oktober 1939 zum Leutnant a. D. in der Deutschen Wehrmacht befördert. Durch eine Verwundung aus dem Krieg, die als eine 40% Behinderung registriert worden war und auch sonst durch die Entbehrungen gesundheitlich angeschlagen, verstirbt Karl Obermüller, nur wenige Wochen nach seinem 63ten Geburtstag, am 15. April 1944 im städtischen Krankenhaus in Braunau.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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