Heinrich Roder (Hrouda)

1894-1941

 

Heinrich Hrouda wurde am 18. Februar 1894 in Linz an der Donau in Oberösterreich geboren. (Da er seinen Namen änderte und sich fortan Heinz Roder nannte, wird der Einfachheit halber im Weiteren dieser Name benutzt.) Heinrich Roder absolvierte gleich nach der Matura sein Einjährig Freiwilligenjahr beim Linzer k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 14, um danach eine Anstellung bei der oberösterreichischen Landeshypothekenanstalt anzutreten. Bereits im August 1914 wurde er jedoch als Kadett-Aspirant der Reserve einberufen und ging im Verbande der 9. Kompanie mit dem Regiment an die russische Front ab.

Im Zuge der Mai-Offensive des Jahres 1915 verdient sich Heinz Roder, mittlerweile zum Fähnrich der Reserve befördert, bei Rudnik am San die Goldene Tapferkeitsmedaille. Da es sich bei dieser Kampfhandlung um eine wichtige Begebenheit in der Geschichte des Linzer Hausregimentes handelt, wurden bereits verschiedene Beschreibungen davon publiziert. Die von Heinz Roder selber favorisierte Schilderung erschien in der Österreichischen Soldatenchronik, aber auch, fast wortgleich, im Linzer Volksblatt vom Sonntag den 27. August 1933, wobei in beiden Blättern der Name der Ortschaft konsequent falsch, nämlich als „Rubnik“ geschrieben wird, auch „Roder“ hieß zu diesem Zeitpunkt noch „Hrouda“.

Vorhut vor Rudnik  -  Mai-Offensive 1915. In Gewaltmärschen drängt man hinter den weichenden Russen nach. Ringsum Sand und schüttere Föhrendickichte. Kurze Gefechte unterbrechen den Marsch. Und wieder heißt es im Flugsand warten. Ein paar zerschossene Orte, langgestreckte Straßendörfer – kurzes Geplänkel und wieder Marsch. So drängt man vorwärts. Die Verpflegung kann nicht mehr rasch genug nachgeschoben werden. Die Leute hungern oft. Sie gehen mit wunden Füßen, doch die Stimmung leidet kaum. Vorwärts, nur vorwärts bis zum San!

Der 20. Mai  -  Das 3. Halb-Baon des I.R. 14 erhält den Befehl, die zerschossene Ortschaft Rudnik zu besetzen und bis zum San vorzugehen. Es rückt unter dem Kommando des Oberleutnants Zeißberger gegen die langgestreckten Ruinen von Rudnik vor. Die linke Flügelkompanie unter Fähnrich Heinz Roders Führung drängt durch Rudnik hinaus, erreicht den Nordrand und stößt plötzlich auf russische Nachhutpatrouillen. Die Kompanie liegt ausgeschwärmt knapp an den Häusern des Ortes, an ein weiteres Vorgehen zum San ist nicht zu denken, denn der Feind hat sich jenseits des Flusses eingegraben und eröffnet schweres Gewehr- und Artilleriefeuer; wirft den vordringenden Österreichern verstärkte Kräfte entgegen.

Der rechte Flügel der Halbkompanie wird eingedrückt, man muss einen Stellungswechsel nach rückwärts vornehmen. Immer wieder setzen die Russen zum Sturm an, kommen bis auf 20 Meter an die Schützenkette heran, werden aber wieder abgeschlagen. Für die schwache Kompanie des Fähnrichs Roder dehnt sich der Abschnitt, streckt sich von Stunde zu Stunde, auf eine Breite von 500 Meter! Nach links und rechts ausgeschickte Patrouillen können keine Verbindung herstellen. Nach rückwärts ausgesandte Patrouillen, die den Kontakt zum Regiment suchen sollten, kommen alle nicht zurück ….

Kriegsrat in schwerster Not  -  Fähnrich Roder und Zugsführer Mahringer hocken sich zu einem Kriegsrat zusammen. Sie wissen, dass sie ganz alleine dem Feind gegenüberliegen. Sie wissen, dass ohne Hilfe der feindlichen Übermacht nicht Halt geboten werden kann. So greifen sie zur List! Mahringer springt zum linken Flügel hinüber, wo sein Zug liegt, und weist den Plänklern die Deckung an. In 50 Schritten Abstand voneinander. Fähnrich Roder teilt die anderen zwei Züge auf, so dass der Gesamtabschnitt besetzt erscheint. Die Leute schießen, was sie können, wenn die Russen herankommen. Doch haben sie kein Maschinengewehr, nur ihre Gewehre und spärliche Munition. Langsam beginnt der Mut der Leute zu schwinden, sie sind ja müde, abgekämpft, verbraucht – die Munition versiegt obendrein! Roder und Mahringer rennen von Mann zu Mann: ‚Aushalten!’, wie eine Losung fliegt’s von Mund zu Mund, die beiden Führer schleppen auch russische Munition und Gewehre heran, so schwillt der Mut wieder hoch …

Zum Glück kann Fähnrich Roder auch eine österreichische Kavalleriepatrouille, die höchst erstaunt bis zu den einsamen Kämpfern gelangt, mit 20 Mann ‚requirieren’! Unendlich langsam verrinnen die Stunden, vergehen mit Angriffen der russischen Infanterie, mit Feuerüberfällen der russischen Artillerie – aber die Kompanie hält. Sie liegt im Bogen um die Nordfront des zerschossenen Rudnik, ganz allein dem Feinde gegenüber, wie eine Insel im Meer. Sie wissen nicht was seitlich vorgeht, sie wissen nicht wo das Regiment ist, wie weit es zurück musste, aber sie halten den Abschnitt bis es dunkel wird. Bei Einbruch der Dunkelheit zieht sich die 9. Kompanie langsam, immer in Fühlung mit dem nachdrängenden Feind, auf den Bahndamm hinter Rudnik zurück.

Der kühne Entschluss  -  Der Bahndamm scheidet die Gegner. Die Reste der 9. Kompanie liegen gesammelt dahinter. Wieder schickt Roder Streifzüge aus, das Regiment zu suchen – niemand kehrt zurück. So pirscht sich der Fähnrich selbst gegen Rudnik heran, schleicht über den Bahndamm hin und erreicht das vom Feind besetzte Dorf. Er erkennt klar, hier sammelt sich der Feind um sich festzusetzen! Für Roder steht es fest, wenn das Regiment nicht zu finden ist, muss es mit der Kompanie alleine gewagt werden. Es folgt ein kurzer Kriegsrat mit Mahringer. Zum Glück gelingt es, rechts zurückflutende, versprengte 86er Landstürmer aufzuhalten und so die Lücken der eigenen Mannschaft aufzufüllen. Um 3 Uhr früh stürmt die so verstärkte 9. Kompanie des I.R.14 die Ortschaft Rudnik. Mahringer, der den linken Flügel führt, erobert mit Hurra den Ortseingang, drängt den überraschten Russen nach und gerät ins Handgemenge. Auch die anderen zwei Züge sind unterdessen in Rudnik eingedrungen. Die Übermacht des Gegners verliert den Kopf, weicht über den San zurück, lässt reiche Beute zurück, ergibt sich in solchen Massen, dass man die entwaffneten Gefangenen einfach in Doppelreihen zurückschickt. Rudnik ist wieder in österreichischer Hand. Die 9. Kompanie rückt abermals bis an den San vor.

Der Weg über den San  -  Am Morgen des 21. Mai liegt die 9. Kompanie am San und die Situation ist dieselbe wie am Vortag. Russische Übermacht am anderen Ufer mit Artillerie und Maschinengewehren – und hier die 9. Kompanie mit erbeuteten russischen Gewehren und russischer Munition. Die Leute wollen sich eingraben, stoßen die Spaten in den Sand und – stoßen auf Leichen! Leichen vom Vorjahr, Leichen, die noch die, unterm Sand unverwesten, Uniformen tragen. Die Uniformen des I.R. 14 mit den schwarzen Aufschlägen! Im Vorjahr schon lagen an diesem Fleck die 14er und hatten hier geblutet und ihre Toten gelassen, die der Flugsand begrub. Die Männer geben es auf sich einzugraben. Und abermals beginnt das zermürbende Ausharren gegen die Übermacht. Abermals wird der russische Angriff abgewehrt – und endlich kommt das Regiment! Der Weg zum San ist erkämpft, der Weg über den San wird genommen. Die Offensive rollt wieder, ist voll im Gange, führt in einem Zug bis nach Lublin. Die Tat von Rudnik hat den Weg hierzu bereitet. Fähnrich Roder und Zugsführer Mahringer werden für diese Tat mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.

Fähnrich Roder holt sich noch die Silberne Tapferkeitsmedaille 1. und 2. Klasse bevor er zum Leutnant der Reserve befördert wird. Nachdem er am 7. Oktober 1916 geheiratet hat, ging er abermals in Feld, wo er durch einen Kopfschuss schwer verletzt wurde. Im Zuge dieser Aktion ging ihm auch seine Uniformjacke mit allen Auszeichnungen verloren. Bis zum Kriegsende wird Heinz Roder noch mit der bronzenen Militärverdienstmedaille (Signum Laudis) mit Schwertern und dem Karl-Truppen-Kreuz ausgezeichnet. Als Oberleutnant der Reserve kehrt er nach Linz in seinen ursprünglichen Beruf zurück.

Als Beamter, zuletzt mit dem Titel Amtsrat, der oberösterreichischen Landeshypothekenanstalt, hat Heinz Roder eine gesicherte Dauerstellung um auch in Zeiten der Wirtschaftskrise den Lebensunterhalt für seine Frau und die beiden Kinder bestreiten zu können. Er engagiert sich im Traditionsverband des Infanterie Regiments 14 und im Ring der Goldenen Tapferkeitsmedaille, wo er stellvertretend für den, mit der Bundesführung beauftragten Dr. Gleißner, die Landesleitung für Oberösterreich übernimmt. Am 2. Mai 1935 wird Amtsrat Roder, zusammen mit den anderen in Linz heimatzuständigen Trägern der Goldenen Tapferkeitsmedaille, von Bürgermeister Dr. Bock, im Beisein des Landeshauptmannes Dr. Gleißner, zum Ehrenbürger der Stadt Linz ernannt.

Nach dem Anschluss Österreichs durch Großdeutschland wird er, dem Tannenberg-Erlass folgend, ehrenhalber einen Rang befördert und als Hauptmann der Reserve in die Deutsche Wehrmacht überstellt. Zur Kriegsdienstleistung eingezogen verunglückte Heinrich Roder am 24. Mai 1941 bei Mons in Belgien bei einem Autounfall tödlich.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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