Jakob Roth

1889-1961

 

Jakob Roth wurde am 28. April 1889 in Tallein Bezirk Voithsberg in der Steiermark geboren. Er leistete zwischen 1910 und 1913 seinen Wehrdienst beim k.u.k. Feldjäger Bataillon Nr. 9 in Kötschach ab und arbeitete sonst als Bauer auf seinem kleinen Anwesen in St. Johann ob Hohenberg Nr. 9 bei Hallersdorf im Bezirks Voithsberg und gelegentlich als Maurer in der Umgebung. Zu Kriegsbeginn wurde er als Reserve-Zugsführer eingezogen und in der Pionierabteilung des Feldjäger Bataillons Nr. 9 verwendet. Bereits im Dezember 1914 konnte sich der schneidige Unteroffizier die Goldene Tapferkeitsmedaille erwerben. Auf Ersuchen der Hauptleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille, verfasste er mit eigenen Worten im Sommer 1936 folgenden Bericht über seine Waffentat:

Wir lagen am 27. Dezember 1914 im Verband der 12 Brigade des 3. Korps auf den Höhen hinter Gorlitze; 1. Kompanie in Stellung, 3. Kompanie und ich als Pionierabteilungskommandant mit der Abteilung im Abschnitt Reserve. Um 10 Uhr nachts brachen die Russen rechts beim IR 17 ein und rollten auch unsere Kompanie auf, der Großteil wurde gefangen. Der Kompanie-Telefonist meldete noch ‚Russen durch…’ dann wurde ihm der Apparat von einem Russen aus der Hand geschlagen.

Die 3. Kompanie wurde von den Russen auch überfallen und versprengt. Die übrigen zwei Kompanien und meine Pioniere, durch Hauptmann Büttner alarmiert, gingen gegen die Kuppe zum Gegenangriff vor. Mir wurde befohlen, zum Schutze des Kommandos, zwischen den zwei Kompanien vorzugehen. Der Angriff kam aber 20 Schritte vor den Russen zum Stehen, da sie riefen ‚Nicht schießen 17ner!’ – in Wirklichkeit hatte aber eine starke Gruppe von Russen die Kuppe besetzt.

Ich sprang trotzdem vor und sah, dass das nur Russen sind. Sprang sofort zu der stehenden Kompanie und rief ‚Vorwärts! Sturm! Die Kuppe ist von Russen besetzt, wenn die ein Maschinengewehr fertig aufstellen sind wir fort!’ Hauptmann Büttner gab sofort Sturmbefehl und die Hatz ging los. Ich lief 200 Schritt nach links zu meiner Abteilung und rief ‚Auf mir nach!’ und hatte das Glück mit 15 Mann den Russen in den Rücken zu fallen. Sofort haben sich ca. 100 ergeben.

Ich lief weiter nach links um die Kuppe auch auf dieser Seite zu überblicken. 10 Schritte vor mir war eine russische Kompanie im Aufstieg begriffen. Ich feuerte was ich konnte in die Gruppe. Zwei Mann meiner Abteilung kamen mir zur Hilfe, was nicht am Platze blieb, ergriff die Flucht. Ich konnte meine Leute von der Entwaffnung nicht mehr herausziehen, daher ging ich zum Hauptmann und bat um Leute zur Verfolgung der Russen.

Er sagte: ‚Nein Zugsführer, Du gehst nicht auf Patrouille.’ und ich sagte: ‚Ich gehe auf jeden Fall, ich habe eine starke Gruppe in die Flucht geschlagen, ich muss sie jetzt haben!’, er dann weiter: ‚Nun geh schon in Gottes Namen, nimm dir Leute was du brauchst.“ Ein Aktiver meldete sich freiwillig und zwei Tiroler Landsturmmänner bestimmte ich. Im raschen Sprung trachtete ich den Russen auf die Fersen zu kommen. Einmal schaute ich mich um hatte ich nur noch den Freiwilligen hinter mir. Nach kurzem Feuer stürmte ich mit diesem Mann (Zugsführer Rehberger) ein von den Russen besetztes Haus und befreite 12 von den Russen gefangene 9er Jäger.

Sechs Russen liefen über die Straße in einen Heustadel. Ein Gefreiter, den wir gerade befreit hatten, ging mit uns mit und wir umringten den Stadel und ich kitzelte die 6 Russen heraus. Der befreite Gefangene, Patrouillenführer Oberer, hatte von einem Russen bei der Gefangennahme eine Ohrfeige bekommen. Die hat er ihm aber jetzt sofort retour gegeben! Ich schickte die 6 Russen mit Rehberger zurück. Ich und Oberer sicherten den Abtransport sofort. Oberer stieß dabei auf 4 Russen, die sich sofort ergaben. Ich schickte nun auch Oberer zurück mit den 4 Mann und ging alleine weiter gegen die Straße, wo wieder 2 Russen daher trabten.

Ich gab neben einer Hecke stehend, drei Schritte vor ihrer Nasen, einen Schreckschuss ab. Die Folge war Panik und sie hielten sofort die Hände hoch. Natürlich musste auch ich mit den 2 Männern jetzt einrücken. Auf der Patrouille 12 Mann befreit und 12 Mann gefangen! Die beiden Helfer Patrouillenführer Oberer und Zugsführer Rehberger erhielten die Silberne 2. Klasse und ich die Goldene.

Mit dem letzten Satz irrte Jakob Roth, denn Zugsführer Rehberger, sollte er der beteiligte Mann gewesen sein, ging bei dieser Auktion leer aus. Zugsführer Roth allerdings erhielt am 6. Februar 1915 im Hauptquartier des 12. Brigadekommandos in Zilokna die Goldene Tapferkeitsmedaille. Wie häufig in den ersten Kriegsmonaten wurden, aufgrund von Produktionsproblemen durch den Mangel an Edelmetall, Tapferkeitsmedaillen früherer Prägungen verliehen. Jakob Roth erhielt daher eine Medaille aus der Prägeserie um 1860, also ein junger Kaiser Franz Joseph mit wenig Bart nach links blickend. Diese Medaille war zumindest 1936 noch in seinem Besitz.

Nachdem Jakob Roth Ende 1915 durch einen Bajonettstich im linken Arm verwundet wurde und außerdem mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse dekoriert worden war, wurde er vorerst beim Ersatzkader verwendet. Dem kaiserlichen Erlass folgend, dass das Leben von Trägern der Goldenen Tapferkeitsmedaille möglichst zu erhalten sei, wurde er bis Kriegsende hauptsächlich in der Ausbildung eingesetzt. Er erhielt noch die Verwundetenmedaille sowie das Karl-Truppen-Kreuz und wurde schließlich zum Oberjäger befördert.

Nach Kriegsende kehrte er auf seinen Hof zurück und heiratete. 1936 nach seinen Verhältnissen gefragt schieb er an die Hauptleitung des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille:

Ich lebe heute auf einem kleinen Besitz von 3 ha Grund mit 7 Kindern und meiner Frau in schlechten Verhältnissen. Ich bin 6000 Schilling schuldig und durch die schlechten Jahre kann ich mich nicht heraus arbeiten. Als Maurer hatte ich im Jahre 1921 einen Arbeitsunfall wo ich die linke Hand beim Gelenk brach und 2 Finger einbüßte. Da nicht über 25% behindert, bekomme ich seit 25.1.1935 keine Unfallrente mehr, wo ich früher 20 Schilling 80 Groschen monatlich bezog. Dadurch als Maurer minderwertig und arbeitslos. Auch in der Landwirtschaft hindert mich die schlechte Hand sehr. Ich hätte jetzt Gelegenheit 2 Joch Obstgarten, der an meinen Grund anschließt, zu kaufen. Kann es aber aus Geldmangel nicht tun und auch nicht ausborgen.“

Soweit der triste Bericht. Wenn schon der Staat seine Helden im Stich lies, wenigstens die Kameraden nicht. Durch den Verein „Alt Österreich“ erhielt die Familie Roth einmal eine Geldspende von 150,- Schilling und durch die Weihnachtsaktion des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille im Jahre 1937 100,- Schilling. Auf Intervention der Landesleitung Steiermark des Rings erhielt einer der Söhne ein Stipendium zum Besuch der Ackerbau-Schule.

Nach dem Einmarsch der Truppen Großdeutschlands und dem sogenannten Anschluss, wurden die meisten Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille, aufgrund des Tannenberg-Erlasses, ehrenhalber zu Leutnants a.D. der Deutschen Wehrmacht befördert. Im Falle Jakob Roths geschah dies mit 30. Juli 1940 relativ spät. Angesichts seines Alters und seiner Behinderung scheint es eher unwahrscheinlich, dass er noch zu Kriegsdienstleistungen im 2. Weltkrieg herangezogen worden ist. Einer seiner Söhne ist jedoch in Russland gefallen. Jakob Roth verstarb am 23. Juni 1961 und wurde in seiner Heimatgemeinde zur letzten Ruhe gebettet.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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