Julius Tschernitschek

1891-1939

 

Julius Tschernitschek wurde am 7. Juli 1891 in Neuzeug bei Steyr in Oberösterreich als Sohn der Marie Tschernitschek, die später einen Sebastian Brunnmayr heiratete, geboren und nach evangelischer Konfession getauft. Im Meisterbetrieb Heubusch in Sierning erlernte er das Schlosserhandwerk und war später auch bei den Waffenwerken in Steyr einschlägig tätig. Unmittelbar vor Kriegsbeginn trat er beim k.u.k. Feldjäger Bataillon 30 ein und verpflichtete sich zu einer Laufbahn als Berufsunteroffizier.

Als Unterjäger und Waffenmeister-Aspirant geht er im Sommer 1914 mit der M.G.-Abteilung dieser Einheit an die Front ab, wo er bereits am 13. Februar 1915 mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 2. Klasse dekoriert wird. Als Waffenmeister 3. Klasse wird Tschernitschek am 12. September 1915 mit der Bronzenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet und bereits am 20. April 1916, mittlerweile schon zum Waffenmeister 2. Klasse befördert, mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 1. Klasse. Anfang Februar 1917 errang Waffenmeister 2. Klasse Julius Tschernitschek im Zuge eines Sturmangriffes die Goldene Tapferkeitsmedaille, worüber auch die ‚Steyrer Zeitung’ vom 21. Juni 1917 wie folgt berichtete:

Ein Steyrer mit allen vier Tapferkeitsmedaillen ausgezeichnet! – Im österreichischen Generalstabsberichte vom 5. Februar d. J. hieß es:

Gestern morgen drang eine Abteilung des Feldjägerbataillons Nr. 30 in eine feindliche Stellung des Plöckenpasses (Karnischer Kamm) ein, nahm 1 Offizier und 28 Mann gefangen und erbeutete ein Maschinengewehr, einen Minenwerfer und mehrere Gewehre. Nach Zerstörung der genommenen Anlangen des Feindes kehrten unsere Jäger ohne nennenswerte eigene Verluste in ihre Stellung zurück.

Wie wir leider erst jetzt erfahren, war der Held in dieser wohlgelungenen, mit größter Schneidigkeit geführten Unternehmung Waffenmeister Julius Tschernitschek aus Steyr. Als es losging, feuerte er seine Leute mit den Worten an: ‚Z’ruck geh’n ma nit, eher werd’n ma hin!’, sprang als erster in den italienischen Graben, nahm den feindlichen Offizier gefangen und erbeutete das Maschinengewehr und den Minenwerfer.

Die ‚Steyrer Zeitung’ vom 22. März enthielt eine längere Schilderung des Sturmangriffes. Telegraphisch knapp schildert’s ein Brief, der uns vorliegt, was unsere Helden bei 25 Grad Kälte leisteten: ‚Auf Schneereifen ging’s um 5 Uhr früh los. Sie wurden bald abgeschnallt den Berg hinauf, bis zum Nabel im Schnee, Handschuhe weg, Handgranaten bereit, den italienischen Posten niedergemacht, über die spanischen Reiter drüber, Hurra-Gebrüll, in die Schneetunnels hinein, Minenwerfer, Maschinengewehre, 28 Italiener komplett mit Ausrüstung und Stahlhelm mitgenommen, die Deckung zerstört, mit zwei Verwundeten in unserer Stellung wieder eingetroffen.’

Waffenmeister Julius Tschernitschek, der schon an der Magiera zur Goldenen eingegeben war, bereits die Bronzene, die Kleine Silberne, die Große Silberne (die letztere zweimal!) besitzt, wurde bald darauf in feierlicher Weise mit der Goldenen dekoriert.

Am Tag nach der heldenmütigen Unternehmung hatte er zwar 40.1 Grad Fieber, 24 Stunden später nach 39.9 Grad und der Sanitätsschlitten holte ihn ins Tal, aber am 3. Tag war es schon bedeutend besser und mit Freude konnte der Tapfere dem Befehle entsprechen auf alle Fälle zur Dekorierung zu kommen. Die Ansprache des Oberstleutnants vor der in Parade gestellten Mannschaft feierte gebührend die Verdienste des Braven, dem der Kommandant dann die Goldene an die Brust heftete.

Wir freuen uns herzlich, dass ein Steyrer sich so hohe Auszeichnungen verdiente – und gratulieren ihm und seinen Eltern, den in Steyr, Fabrikstraße 72, wohnhaften Eheleuten Sebastian und Maria Brunnmayr, zu dem prächtigen Sohne. Ein anderer Bruder, August Tschernitschek, der eben den Fliegern zugeteilt wurde, besitzt bereits die Kleine Silberne, ein dritter Bruder, Gottlieb, ist seit dem Falle von Przemysl in russischer Gefangenschaft.

Im weiteren Verlauf des Krieges wurde Julius Tschernitschek noch zum Waffenmeister 1. Klasse befördert und mit dem Karl-Truppen-Kreuz ausgezeichnet. Leider konnte über sein weiteres Leben nur bruchstückhaftes in Erfahrung gebracht werden. Nach dem Krieg versuchte er in seinem erlernten Beruf als Schlosser in und um Steyr Fuß zu fassen, war jedoch zwischen 1919 und 1935 mit kurzen Unterbrechungen siebenmal arbeitslos. Obwohl er ledig blieb musste er in höchster Not seine Tapferkeitsmedaillen zum Materialwert versetzen. Erst auf Intervention des Rings der Goldenen Tapferkeitsmedaille, konnte er ab dem Jahre 1935 bei den Steyrwerken als Schlosser eine fixe Anstellung bekommen.

Nach der Besetzung Österreichs durch die Deutschen Truppen wurde Julius Tschernitschek, wie die meisten anderen Träger der höchsten Tapferkeitsauszeichnung für Mannschaftspersonen, nach dem sogenannten Tanneberg-Erlass, ehrenhalber zum Leutnant a.D. in der Landwehr der Deutschen Wehrmacht ernannt. In seinem Falle geschah dies bereits mit 12. Oktober 1939. Laut den Aufzeichnungen der Friedhofsverwaltung in Steyr ist Julius Tschernitschek am 30. November 1939 verstorben, seine Urne wurde allerdings erst am 7. März 1941 beigesetzt. Eine Erklärung für diesen langen Zeitraum zwischen den beiden Daten gibt es nicht. Eine mögliche Erklärung wäre natürlich, dass Julius Tschernitschek, immerhin erst 48 Jahre alt, zur Kriegsdienstleistung einberufen worden ist und zum Beispiel im Polenfeldzug gefallen und vor Ort gleich begraben worden ist. Eine entsprechende Exhumierung, Überführung, Einäscherung und neuerliche Bestattung könnte schon über ein Jahr in Anspruch genommen haben. Doch das ist reine Spekulation.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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