Josef Vichytil

1891-1977

 

Josef Vichytil wurde am 24. März 1891 als Sohn des Oberoffizials Dominik Vichytil und seiner Frau Wilhelmine in Reichenberg Bezirk Rosenthal (heute Liberec in Tschechien) geboren. Nach Absolvierung der Infanterie-Kadettenschule in Wien wurde er am 18. August 1910 zum k.u.k. Infanterie Regiment Nr. 14 ausgemustert. In diesem oberösterreichischen Regiment wurde er auch per 1. Mai 1913 zum Leutnant befördert. Gleich zu Beginn des Weltkrieges wurde das Inf. Rgt. Nr. 14 in verlustreiche Kämpfe verwickelt, die lokalen Zeitungen berichteten darüber:

Verwundete, die in den letzten Tagen in Linz eingetroffen sind (am 8. Mittags 197 Leicht- und 16 Schwerverwundete, am 9. weitere 128) erzählen über die Kämpfe der Hesseninfanterie unter anderem folgendes: Nach ununterbrochenen Märschen am 27. Und in der Nacht zum 28. August kam das Regiment zugleich mit anderen alpenländischen Truppenkörpern am Morgen des 28. August vor den Feind. Es entwickelte sich sofort ein heftiger Kampf, der bis 7 Uhr abends dauerte. Das Regiment hatte gleich bei diesem ersten Gefecht ziemliche Verluste; hier fiel auch der erste Hessenoffizier nämlich Oberleutnant Hermann Seif. Den schwersten Kampf mit überlegenen feindlichen Streitkräften hatten die Hessen am 31. August der dem von den Russen niedergebrannten Dorfe Liski an der russischen Grenze zu bestehen. Besonders große Verheerungen richtete das feindliche Artilleriefeuer an. Die Verluste sind nicht zuletzt auf die ungestüme Angriffslust unserer wackeren Oberösterreicher zu setzen. Nach Angabe zurückkehrender Verwundeter sind von den Hessenoffizieren verwundet: Major August Ontl, die Oberleutnants Rudolf Pospischil, Hugo Gaßner, Adolf Spitzl und Erwin Hingler sowie Leutnant Vichytil.

Bei diesen Kämpfen also wurde, wie berichtet, Josef Vichytil durch einen Brustschuss schwer verwundet und danach mit der Bronzenen Militär-Verdienst-Medaille (Signum Laudis) am Band für Kriegsverdienst ausgezeichnet. Ab Mitte November 1914 verbrachte er daher längere Zeit im Spital des Grafen Wimpfen in Neuhaus an der Triestig zur Genesung. Nach Wiederherstellung kam Leutnant Vichytil wieder zurück zu seinem Regiment, diesmal allerdings ins X.Feldbaon. Das X./14 operierte längere Zeit total unabhängig vom Hauptteil des Regiments, sodass in der Zwischenkriegszeit sogar eine eigene „Regimentsgeschichte“ dafür herausgegeben wurde. Das Jahr 1915 wurde, wenn eine saloppe Formulierung erlaubt ist, zu DEM Jahr des Josef Vichytil. Per 1.März 1915 erfolgte seine Beförderung zum Oberleutnant, im August die Auszeichnung mit dem Militär-Verdienstkreuz 3.Klasse mit Kriegsdekoration, Ende September die „Neuerlich Belobende Anerkennung für tapferes Verhalten vor dem Feind“ – also die Verleihung der Silbernen Militär-Verdienstmedaille (Signum Laudis) am Band für Kriegsverdienst und im November 1915 die Dekorierung mit dem Orden der Eisernen Krone 3. Klasse mit Kriegsdekoration. Zum Vergleich, eine Auszeichnung, die in Friedenszeiten ein guter Generalmajor und Brigadekommandant erhalten würde!

Über die schweren Kämpfe der „Hessen“ auf der Pioverna und dem Plaut im Oktober 1915 ist viel geschrieben worden und es es wundert nicht, dass Oberleutnant Vichytil für seine Leistungen dabei mit diesem hohen Orden ausgezeichnet worden ist. Nach dem Krieg wurde ihm nahegelegt mit dieser Waffentat beim Kapitel des Militär-Maria Theresien-Orden um ein Ritterkreuz einzureichen, was er auch getan hat. Das MMThO-Kapitel erkannte ihm in der 11. Sitzung am 23. März 1927 zwar nicht das Ritterkreuz dafür zu, aber die Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere. Eine kurze und prägnante Schilderung der Waffentat erschien im Februar 1933 im Soldaten- und Veteranenkalender:

Oberleutnant Josef Vichytil – heute Major im Feldjägerbataillon zu Rad Nr.2 - Nach der Kriegserklärung Italien an Österreich waren im Oktober 1915 die österreichischen Stellungen auf der Hochfläche von Folgaria und Lavarone das besondere Ziel der italienischen Angriffe. Am 7. Oktober gelang es den mit großer Übermacht angreifenden Italienern zwischen Durer und Pioverna einzudringen. Das alarmierte X./IR 14, Oberleutnant Vichytil, warf sie im Handgemenge zurück und wehrte auch einen neuerlichen Einbruch durch Gegenstoß ab. Als am nächsten Tage, nachdem zwei weitere feindliche Angriffe schon im Feuer der „Hessen“ zusammengebrochen waren, die Italiener mit einem besonders starken Angriff die Stellungen durchbrachen, benützte Oberleutnant Vichytil mit seiner Heldenschar den Moment, in dem der Angreifer durch einen Feuerüberfall der Durerbesatzung einen Augenblick stockte, um die italienische Übermacht anzufallen und in die Flucht zu schlagen. Innerhalb von 24 Stunden hatten damals die Oberösterreicher 7 feindliche Anstürmen widerstanden und viermal den eingedrungenen Gegner zurückgeworfen. Oberleutnant Vichytil erhielt die Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere.

Einem so hervorragenden jungen Offizier konnte sich natürlich auch der Oberstinhaber, der Großherzog von Hessen, nicht verschließen und so erfolgt die Verleihung des großherzoglich-hessischen Ehrenzeichens „für Tapferkeit“ im Frühjahr 1916. Die amtliche Publikation der Annahme- und Tragegenehmigung erfolgt zwar erst am 9. Oktober 1916 im Verordnungsblatt, aber das obenstehende Portraitfoto, auf dem er das Band im Knopfloch trägt, lief als Ansichtskarte an seine damalige Freundin, Fräulein Maria Schuhmann, nach Linz-Urfahr am 27. Mai 1916. In diesem Schreiben erwähnt er übrigens auch, dass er jetzt mehr Zeit zur regelmäßigen Korrespondenz haben würde, da er eben zum Adjutanten ernannt worden wäre und daher häufiger Schreibtischdienst schieben müsse. Im weiteren Verlauf des Krieges erhielt Josef Vichytil noch die neu eingeführten Schwerter zu allen seinen Auszeichnungen nachverliehen und selbstverständlich auch das Karl-Truppen-Kreuz sowie die Verwundetenmedaille mit einem Bandstreifen zuerkannt. Per 1. November 1918 erfolgte noch seine Beförderung zum Hauptmann.

Nach einen Zwischenspiel bei der Volkswehr wurde Josef Vichytil am 20. September 1920 ins neu gegründete Österreichische Bundesheer übernommen. Es folgte eine Einteilung als Hauptmann im oberösterreichischen Infanterie Regiment Nr. 8. Am 28. Oktober 1922 heiratete er Frau Franziska Stusmitsch (1889-1959). Per 1. Jänner 1923 erfolgte seine Transferierung zum Wiener Feldjägerbataillon zu Rad Nr. 2 unter gleichzeitiger Beförderung zum Stabshauptmann. Dieser Wiener Einheit, die später in Kraffahrjäger-Bataillon umbenannt wurde, bliebt Josef Vichytil in seiner Zeit beim Österreichischen Bundesheer treu. Hier wurde er per 23.1.1928 zum Major befördert, erhielt das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich und das Offiziersdienstzeichen 2.Klasse für 25-jährige Treue Dienste sowie schließlich das Ritterkreuz des Österreichischen Verdienstordens und die Beförderung zum Oberstleutnant am 1. Jänner 1938.

Nebenbei war Josef Vichytil noch im Österreichischen Touring-Club und im Hesserbund engagiert. 1927 berichteten verschiedene Zeitungen: „Das Kapitel des Maria Theresien-Ordens hat zwei hochverdienten Angehörigen des ehemaligen X./14 Feldbaons – Stabshauptmann Josef Vichytil des Radfahrerbaons 2, Wien und Oberleutnant a. D. Julius Wellenreiter – die Goldene Tapferkeitsmedaille für tapferes und entscheidendes Verhalten in den Oktoberkämpfen 1915 auf Pioverna-Plaut zuerkennt. Aus diesem Anlasse versammelte die Ortsgruppe Wien des Hessen-Offiziersbundes Generalität und Regimentskameraden zu einem eindrucksvollen Ehrenabend. Nach auszeichnenden Ansprachen des gewesenen Edelweiß-Divisionärs, General der Infanterie d. R. von Horsetzky und anderen heftete der Vorsitzende der Ortsgruppe, Oberst d. R. und Hofrat Ehnl, den beiden Genannten die ihnen von den Kameraden des Hessen-Offiziersbundes gewidmeten Ehrenzeichen unter beigeisterten Hochrufen der Anwesenden an die Brust.

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs ans Großdeutsche Reich wurden die Kraftfahrjäger-Bataillone des Österreichischen Bundesheeres wie folgt in die Deutsche Wehrmacht überführt: KfJgBaon 1 wurde I./Sch.Rgt. 12 im Rahmen der 4. Panzer-Division, die übrigen KfJgBaone kamen in den Verband der 4. Leichten Division und zwar Nr. 2 als I./Kav.Sch.Rgt. 11, Nr. 3 als I./Kav.Sch.Rgt 10 und Nr. 4 als I./Aufkl.Rgt. 9. Oberstleutnant Vichytil wurde per 15. Juli 1938 zum Kommandeur des Kraftfahrjägerbataillons Nr. 4, welches daraufhin zur I. Abteilung des Aufklärungsregiments Nr. 9 umgewandelt wurde, ernannt. Am 26. August 1939 übernahm er das Kommando des Kradschützen-Abteilung in diesem Regiment. Per 15. Oktober 1939 wurde er zum Kommandeur des gesamten Aufklärungs Regiments 9 ernannt. Mit 23. November 1940 wurde er in den Stab der 19. Panzer Division versetzt, gefolgt von der Beförderung zum Oberst am 1. Dezember 1940.

Am 1. März 1941 in die Führerreserve versetzt, erfolgte seine Ernennung zum Kommandeur des Kraftwagen-Transport-Regiments 985 bereits am 24. März 1941. Am 28. März 1942 wurde Oberst Vichytil Höherer Nachschubführer 1 und am 10. September 1942 zum Heeresgruppen-Nachschubführer 1. Am 1. Juli 1944 wurde Josef Vichytil wieder in die Führerreserve versetzt, um am 5. September 1944 zum deutschen Wehrmachtsbevollmächtigten nach Italien kommandiert zu werden, wo er per 1. Dezember 1944 zum Generalmajor befördert wurde. Zum Jahreswechsel 1944/1945 wurde Generalmajor Vichytil noch Höherer Kommandeur der Nachschubtruppen beim Militär-Kommando Oberitalien, bevor er am 2. Mai 1945 in Kriegsgefangenschaft geriet, aus welcher er 1946 entlassen wurde.

Generalmajor Josef Vichytil lies sich mit seiner Frau Franziska in Wien nieder. Als das Österreichische Bundesheer 1955 neu entstand, war er selbstverständlich schon zu alt um in Betracht gezogen zu werden. Josef Vichytil verstarb am 20. November 1977 in Wien, wo er am 24. November bei seiner Frau (verstorben im Dezember 1959) am Wiener Zentralfriedhof zur letzten Ruhe gebettet wurde.

© Jörg C. Steiner, Wien

 

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